Noch vor dem Wochenende soll klar sein, ob die Zwischenfinanzierung für die angeschlagene Mutter Steinhoff zustande kommt.
Wien. Die aktuelle Situation sei sehr dramatisch, heißt es bei österreichischen Gläubigerbanken der Möbelkette Kika/Leiner und ihrer Mutter Steinhoff. Wie berichtet hat Steinhoff ein Liquiditätsloch in Höhe von 200 Mio. Euro, das dringend gestopft werden muss. Seit Anfang der Woche gibt es daher fieberhafte Verhandlungen mit einem internationalen Bankenkonsortium. Eine Entscheidung, ob es das dringend benötigte frische Geld gibt, soll noch vor dem Wochenende fallen.
Primär davon betroffen ist Steinhoff, der südafrikanische Möbelhändler, der 2013 Kika/Leiner von der Familie Koch übernommen hat. Aber auch bei der heimischen Tochter sind die flüssigen Mittel zuletzt rapide gesunken. In Summe soll das Finanzloch bei Kika/Leiner rund 80 Mio. Euro betragen. Etwas mehr als die Hälfte davon wurde zwar durch den Notverkauf des Leiner-Hauses auf der Wiener Mariahilfer Straße gestopft. Dennoch sei zusätzliches Geld dringend notwendig.
Grund für diesen plötzlichen Liquiditätsengpass ist unter anderem, dass Kika/Leiner bisher über die Konzernmutter refinanziert wurde und die eigenen Kreditlinien daher nur sehr gering sind. So ist in einer Präsentation, die Steinhoff Ende Dezember veröffentlicht hat, ersichtlich, dass der Konzern in Summe Finanzverbindlichkeiten von 10,7 Mrd. Euro hat. Die direkt Kika/Leiner zugerechnete Kreditlinie beträgt dabei lediglich zehn Mio. Euro – und diese war bereits Mitte Dezember mit 13 Mio. Euro mehr als ausgelastet.
Eine Frage des Vertrauens
Bei Steinhoff selbst wurde jedoch das Geld knapp, nachdem das Unternehmen Anfang Dezember hatte bekannt geben müssen, dass bis zum Jahr 2015 zurückliegende Bilanzen überprüft und wohl neu erstellt werden müssen. Dem Vernehmen nach sollen Firmenbeteiligungen vom früheren Management zu hoch bewertet worden sein. Das sorgte für eine allgemeine Vertrauenskrise bei den finanzierenden Banken und Kreditversicherern.
Diese Krise macht auch viele Lieferanten von Kika/Leiner nervös – etwa den größten heimischen Küchenproduzenten Dan. Er informiere sich fast täglich bei Kika/Leiner über den aktuellen Stand der Dinge, sagt Dan-Chef Georg Rieger. Aber das Geschäft müsse weitergehen – vor allem im stärksten Möbelhandelsmonat Jänner, betont Rieger. Er brauche „gewisse Sicherheiten“, Kika/Leiner brauche einen „zuverlässigen Partner“. Beides sei bis dato gegeben. Worte wie Lieferstopp oder Vorkasse meidet er tunlichst.
Damit ist Rieger in guter Gesellschaft. Kein Lieferant will den Teufel an die Wand malen. „Grundsätzlich bin ich ein Optimist“, sagt Julian Riess, Chef des Traditionsunternehmens Riess Kelomat. Natürlich bestehe ein Risiko für ihn, der Leiner und Kika mit Emailleware beliefert. „Aber wenn alle sagen, sie wollen Geld vor der Lieferung, würde es auch Apple aufstellen.“ Georg Emprechtinger, Chef des Möbelherstellers Team 7, bringt die Stimmung der Lieferanten auf den Punkt: Sie haben Mitleid mit den österreichischen Töchtern, die – so viel sie sagen können – bisher gut gewirtschaftet haben. Sie wissen nur wenig über die Malversation, die sich an der Spitze zugetragen haben soll, und das Wenige meist aus der Presse. Sie alle haben eine Standleitung zu ihren langjährigen Geschäftspartnern. Und sie liefern weiter – noch.
Wobei Emprechtinger froh ist, dass die Produktion bei ihm in Oberösterreich gerade erst wieder anläuft und man nicht auf Tischbergen sitzt. Er hofft auf eine baldige Lösung. „Sonst“, das sagt Emprechtinger dann doch, „müssen wir die Lieferungen stoppen.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2018)