Berlin erwägt Milliardenfonds für Diesel-Nachrüstung

Volkswagen- und Audi-Dieselautos auf einem Wüstenfriedhof in der Nähe von Victorville, Kalifornien
Volkswagen- und Audi-Dieselautos auf einem Wüstenfriedhof in der Nähe von Victorville, KalifornienREUTERS
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Wie der "Spiegel" berichtet, gibt es in der deutschen Regierung Überlegungen, einen Teil der Dieselflotte mit sogenannten SCR-Katalysatoren nachrüsten zu lassen.

Die Dieselkrise dürfte ein wichtiges Thema werden bei der Kabinettsklausur der deutschen Regierung in der kommenden Woche. Im Fokus der Debatte stehen vor allem mögliche technische Nachrüstungen von Autos.

Die deutsche Bundesregierung erwägt einem Bericht zufolge einen Milliardenfonds mit Beteiligung der Autoindustrie zur technischen Nachrüstung von Dieselfahrzeugen. Wie das Nachrichtenmagazin "Spiegel" (Freitag) meldete, gibt es Überlegungen, zumindest einen Teil der Dieselflotte mit sogenannten SCR-Katalysatoren nachrüsten zu lassen. Dazu prüfe die Koalition, ob Autokonzerne fünf Milliarden Euro in einen Fonds einzahlen. Die Regierung würde Geld zuschießen.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte dazu der Deutschen Presse-Agentur am Freitag in Berlin: "Wir kommentieren nicht Spekulationen vor Meseberg, sondern arbeiten hart in Meseberg - mit dem Ziel, dass die Luftqualität in unseren Städten noch besser wird. Dabei ist unsere Leitlinie der Koalitionsvertrag." Die Große Koalition trifft sich am Dienstag und Mittwoch im Gästehaus der deutschen Bundesregierung im Schloss Meseberg in Brandenburg zu ihrer ersten Klausur.

Keine flächendeckende Nachrüstung

Laut dem "Spiegel"-Bericht könnte eine Umrüstungsaktion zunächst die Diesel betreffen, für die es bereits Nachrüst-Sets gibt. Das seien vor allem jene Modelle, die auch in die USA exportiert werden und dort strengere Schadstoff-Grenzwerte einhalten müssen. Die Nachrüstung soll dem Bericht zufolge zudem nicht flächendeckend kommen, sondern zunächst nur in Regionen, die besonders von Fahrverboten bedroht sind: in Stuttgart, im Rhein-Main-Gebiet oder in München.

In vielen Städten ist die Luft stärker als von der EU erlaubt mit Stickoxiden belastet, die in verkehrsreichen Gebieten zu einem großen Teil aus Dieselabgasen stammen. Das deutsche Bundesverwaltungsgericht hatte Fahrverbote für Diesel generell für zulässig erklärt, dies müsse aber das letzte Mittel sein.

Autobranche lehnt Hardware-Nachrüstungen ab

Die deutsche Regierung will Fahrverbote vermeiden. Im Fokus der Debatte stehen Hardware-Nachrüstungen älterer Diesel-Fahrzeuge, also Umbauten direkt an Motor und Abgasanlage. Die Hersteller wollen bisher lediglich mit Software-Updates die Schadstoffe senken. Viele Experten aber bezweifeln, dass das ausreicht. Die Autobranche lehnt Hardware-Nachrüstungen als zu aufwendig und teuer ab. Vor allem durch den Einbau von SCR-Katalysatoren sinken die Schadstoff-Emissionen von Dieselautos massiv.

"Die Industrie muss sich entscheiden: Entweder fährt der Diesel bei Fahrverboten komplett gegen die Wand, oder er hat als Brückentechnologie noch eine Chance", sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. "Alleinige Software-Updates reichen nicht aus. Die technische Nachrüstung von Euro 5 und Euro 6 Diesel-Fahrzeugen muss kommen. Die Kosten dafür dürfen selbstverständlich nicht bei den Autofahrerinnen und Autofahrern hängen bleiben."

Milliarden für saubere Luft

Die Bundesregierung hatte ein milliardenschweres Programm für saubere Luft in Kommunen auf den Weg gebracht. Dabei geht es zum Beispiel um Umrüstungen von Bussen und Taxen oder um eine bessere Taktung des öffentlichen Nahverkehrs. Die Autoindustrie hatte sich an dem Programm mit 250 Millionen Euro beteiligt. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD außerdem vereinbart, gemeinsam mit Ländern und Kommunen die Anstrengungen für eine Verbesserung der Luftqualität speziell in besonders belasteten Innenstädten erheblich zu verstärken.

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte die Autobauer zu verstärkten Anstrengungen für bessere Luft in Städten aufgefordert. Sie sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie wolle den Druck auf die Hersteller aufrechterhalten, damit es technische Nachrüstungen gebe und die Autos spürbar sauberer würden.

(APA/dpa)

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