Neue Krise bei Kika/Leiner - "Es steht Spitz auf Knopf"

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Die Kreditversicherer haben der Kika/Leiner-Mutter Steinhoff die Freundschaft gekündigt. Ab heute, Montag, beliefern Möbelproduzenten den Händler auf eigene Gefahr - ihre Forderungsausfälle werden nicht mehr augesichert. Sie geben Kika/Leiner eine Woche Zeit, um eine Lösung zu finden.

Gerhard Weinhofer hätte in diesem Fall gerne Unrecht gehabt. Aber bereits als die Kreditversicherer im Zuge des Bilanzskandals rund um den riesigen Möbelkonzern Steinhoff Anfang des Jahres ihre Kreditlinien kürzten, mahnte er die aufgeregten Lieferanten zu Vorsicht.

Seit dem Wochenende fühlt sich Weinhofer von der österreichischen Creditreform in seinen Warnungen bestätigt. "Leider." Schließlich gehe es nicht nur um einen fernen südafrikanisch-deutschen Konzern, der seit dem Bekanntwerden von Bilanzunregelmäßigkeiten im Dezember um sein Überleben kämpft. Es geht auch um seine österreichische Möbeltochter Kika/Leiner mit den mehr als 5000 Mitarbeitern - und alle ihre zulieferenden Möbelbetriebe. Als am Wochenende bekannt wurde, dass die Kreditversicherer ihre Linien für die gesamte Steinhoff-Gruppe diesmal nicht nur um ein Viertel gekürzt, sondern abrupt und gänzlich gestrichen haben, wackeln deren Stellen so stark wie selten seit Beginn des Steinhoff-Skandals. Am Sonntag hatte der "Standard" erstmals über den Komplettausfall berichtet. Kika/Leiner-Sprecherin Sonja Felber bestätigte ihn.

Die Lieferanten verlieren ihr Sicherheitsnetz

"Es steht Spitz auf Knopf", sagt Weinhofer. Was er damit meint: Wenn die Kreditversicherer Forderungsausfälle von Lieferanten nicht mehr absichern, liefern sie ab diesem Montag quasi ohne Sicherheitsnetz. "Die Frage ist: Traue ich mich, nur auf Treu und Glauben hinaus Küchen für 100.000 Euro zu liefern?" Viele der bereits von den Ereignissen der Vormonate verunsicherten Hersteller werden wohl trotz einer langen Geschäftsbeziehung auf Vorauskasse umstellen, mutmaßt Weinhofer. Dann müsste Kika/Leiner alle Waren vor dem Einkauf bezahlen. Üblich sind Zahlungsfristen von mehreren Monaten. Ob es die Liqidität für die Sofortzahlung aufbringen kann, sei ungewiss - vor allem, da Ende des Monats auch die Urlaubsgehälter anstehen. Branchenkenner erinnert die Situation an den Liquiditätsengpass zum Jahreswechsel: Am Ende verkaufte George den Flagshipstore auf der Mariahilfer Straße, um die Monatsgehälter stemmen zu können.

Die Kette unterzieht sich gerade einem harten Spar- und Sanierungskurs. Eine Geldspritze in Höhe eines "mehrstelligen Millionenbetrags", die Schließung von vier unrentablen Filialen und die Verschlankung der teils trägen Strukturen an den restlichen 46 Standorten sollen das Ruder laut Geschäftsführer Gunnar George herumreißen. Am Montag sagte Kika/Leiner-Sprecherin Sonja Felber auf Nachfrage zur "Presse", dass die Gespräche mit den Versicherungen für Österreich bereits angelaufen sind. "Ich bin guter Hoffnung, dass wir für Österreich eine tragfähige Lösung finden werden. In den letzten Monaten ist es uns trotz der Probleme, die nicht hausgemacht sind, gelungen, einerseits das Vertrauen der Kunden zu halten und auch zurück zu gewinnen und auch die Umstrukturierung in Österreich intensiv voran zu treiben", gibt sich George in einer am Sonntag versendeten Stellungnahme optimistisch.

Wie steht die Chance auf eine "österreichische Lösung"?

Die Hoffnung auf eine rasche "österreichische Lösung" könnte verfrüht sein. Denn am Markt gibt es drei große Kreditversicherer, die ihrerseits zu internationalen Konzernen gehören. "Dass diese der Mutter Steinhoff keine Kreditlinien mehr geben, aber der Tochter in Österreich schon - das wird herausfordernd", sagt Gläubigerschützer Weinhofer. Als eine weitere Lösung für frisches Geld zur Überbrückung sieht Weinhofer Bankgarantien. "Noch ist alles in der Schwebe." Man werde in den nächsten Tagen mehr wissen. Bis spätestens Ende Juni - als bis zu Auszahlung der Urlaubsgelder - muss seiner Einschätzung nach eine Lösung stehen.

Damit die Situation gar nicht erst eskaliert, will Kika/Leiner-Chef George direkt nach den Geldgebern auch mit seinen Lieferanten sprechen. "Um mit ihnen ebenfalls tragfähige Lösungen zu erarbeiten", heißt es in der Aussendung von Sonntag. Am Montag verkündete er bereits anfängliche Erfolge im Ö1-Mittagsjournal: Die ersten Gespräche liefen gut, seine Lieferanten hätten ihm eine Woche gegeben, um eine Lösung - also wohl entweder frisches Geld oder einen neuen Versicherer - zu finden. Der laufende Restrukturierungsplan sei ebenso wenig gefährdet wie die nach den Schließungen verbliebenen 5000 Stellen.

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