Wolfgang Kulterer und der sagenhafte Verkauf von Kika/Leiner

Wolfgang Kulterer machte den Deal perfekt.
Wolfgang Kulterer machte den Deal perfekt.APA/HERBERT NEUBAUER
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Die Familie Koch verkaufte ihr Möbelimperium 2013 zu einem stolzen Preis. Dank des Ex-Hypo-Chefs.

Wien. Ende April 2013. In der „Presse“ meldet sich ein stets verlässlicher Informant mit einer Nachricht, die zunächst schwer zu glauben ist. Aber er beharrt, weil er bei den Verhandlungen auch dabei ist: „Kika/Leiner wird an die südafrikanische Steinhoff-Gruppe verkauft“, sagt er. Seine Angaben haben Hand und Fuß. Trotzdem: Um die Story zu verifizieren, wird Kika-Leiner-Eigentümer Herbert Koch angerufen. Der sitzt zu dem Zeitpunkt zwar nicht mehr in der Geschäftsführung, ist aber immerhin Aufsichtsratspräsident des großen österreichischen Möbelhauses. Seine Reaktion ist ziemlich entlarvend: „Davon habe ich nichts gehört“, sagt Koch. Ein Dementi klingt anders. „Die Presse“ berichtet also.

Zwei Monate später ist es offiziell: Herbert Koch hat verkauft. Natürlich an die Steinhoff-Gruppe, eines der größten Möbelhandelsunternehmen der Welt. Um 680 Millionen Euro.

Im Nachhinein betrachtet, war der Coup gar nicht so überraschend. Eher eine völlig logische Entscheidung von Herbert Koch: Das Unternehmen soll schon damals Verluste geschrieben haben. Und von der Performance seines Sohnes, der mittlerweile in der Geschäftsführung saß, soll Koch senior auch nicht restlos überzeugt gewesen sein. Wie das halt so ist bei Generationswechseln in Familienunternehmen.

Ein enger Freund vermittelt

Bei all diesen Zores erstaunte lediglich der üppige Preis, den Steinhoff bereit war, für das österreichische Unternehmen hinzulegen. Das wiederum war einem engen Freund Herbert Kochs zu verdanken: Die Verhandlungen mit dem Kaufinteressenten führte niemand Geringerer als Wolfgang Kulterer himself. Richtig: der ehemalige Chef der Skandalbank Hypo Alpe Adria.

Kulterer und Koch sind schon lang enge Freunde. Die Fama will es, dass Koch seinem Freund sogar die Anwaltskosten im Hypo-Prozess bezahlte. Tatsache aber ist, dass beide vor langer Zeit mit der gemeinsamen Firma Agroeast groß in Landwirtschaftsprojekte in Rumänien einstiegen. 3250 Hektar Ackerland in Rumänien sollen Agroeast gehört haben, dazu kamen 1950 Hektar in Pacht. Angebaut wurden Mais, Raps, Sonnenblumen und Weizen.

Zwischen beiden Männern gab und gibt es also ein starkes Vertrauensverhältnis. Da war es nur logisch, dass Herbert Koch seine Möbelgruppe dem versierten Banker Kulterer anvertraute. Und der hat tatsächlich einen hervorragenden Preis für Kika/Leiner ausverhandelt. Nebenbei bemerkt, auch zur absolut richtigen Zeit.

Was nicht bedeutet, dass die Familie Koch im Nachhinein nicht noch jede Menge Ärger mit Steinhoff gehabt hätte: Ursprünglich war vereinbart, dass Kochs Sohn weiterhin in der Geschäftsführung bleiben soll. Doch kurze Zeit später musste er gehen. Ohne Abfindung. Also wurde prozessiert, der kolportierte Streitwert machte immerhin 700.000 Euro aus. Paul Koch gewann den Prozess.

Und dann die leidige Angelegenheit mit der Wohnung der Familie Koch. Es geht um das Penthouse mit 450 Quadratmetern Wohnfläche plus Dachgarten und atemberaubendem Ausblick über die Wiener Innenstadt. Sie befindet sich auf dem Dach des Leiner-Möbelhauses in der Mariahilfer Straße. Auch um diese wurde gestritten: Steinhoff wollte die Kochs draußen, sie beharrten auf ihrem Wohnrecht.

Doch mittlerweile hat Steinhoff ganz andere Sorgen. Der börsenotierte Konzern ist wegen eines Bilanzskandals schwer angeschlagen, die Aktie dümpelt im kaum sichtbaren Cent-Bereich.

Apropos Bilanz: Im Zuge des aufgeflogenen Skandals stellte sich heraus, dass Steinhoff sein Immobilienportfolio mit rund einer Milliarde Euro zu hoch bewertet hatte. Für insgesamt 140 Grundstücke und Immobilien war ein Wert von 2,2 Milliarden Euro angegeben worden, in Wahrheit waren es laut Gutachten „nur“ 1,1 Milliarden Euro. Die Immobilien von Kika/Leiner sollen von der unkorrekten Bewertung ebenfalls betroffen gewesen sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2018)

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