Linde-Fusion mit Praxair wackelt wegen Kartellbedenken

Neue Auflagen der Wettbewerbshüter gehen an die Schmerzgrenze der Industriegasekonzerne Linde und Praxair. Ob sie ihre geplante Fusion trotzdem durchziehen, ist unklar.

Die Hürden vor einer Fusion des deutschen Industriegase-Konzerns Linde mit dem US-Konkurrenten Praxair zum weltgrößten Anbieter von Sauerstoff und Helium werden höher. Die Wettbewerbsbehörden forderten den Verkauf von Unternehmensteilen mit Umsätzen von mehr als 3,7 Milliarden Euro, teilte Linde am Mittwoch in München mit. Das habe sich in weiteren Gesprächen herauskristallisiert. Die 3,7 Milliarden sind die Schmerzgrenze, oberhalb der Linde und Praxair das Recht haben, den mehr als 70 Milliarden Euro schweren Zusammenschluss abzublasen. "Linde und Praxair setzen ihre konstruktiven Gespräche miteinander fort und diskutieren mit den Wettbewerbsbehörden, wie deren Anforderungen erfüllt werden können."

Branchenexperten bezweifeln, dass einer der beiden Partner die Reißleine zieht, wenn die Schwelle nur um einige hundert Millionen Euro überschritten würde. Denn auch dann ließen sich die erhofften Einspareffekte von rund einer Milliarde Euro noch realisieren. Offenbar ist nur die Schmerzgrenze beim Umsatz überschritten, die zweite Schwelle von 1,1 Milliarden Euro operativem Ergebnis, das mit den Verkäufen verlorengeht, nicht.

"Ich würde mich wundern, wenn beide Partner nicht alles dafür täten, den Deal durchzuziehen", hatte Fondsmanager Arne Rautenberg von Union Investment am Dienstag zu Reuters gesagt. Vor allem für Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle hänge viel davon ab. "Auch für Praxair ist der Deal hochattraktiv."

Für problematischer halten Experten den Zeitdruck. Denn die Fusion muss nach deutschem Aktienrecht bis zum 24. Oktober über die Bühne gehen. Linde und Praxair müssten also schnell Käufer für die Unternehmensteile finden, von denen sie sich auf Geheiß der Wettbewerbshüter trennen müssen. Das dürfte auch den Preis drücken, der sich dafür erzielen lässt. Bereits vereinbart ist der Verkauf des Europa-Geschäfts von Praxair, das für fünf Milliarden Euro an die japanische Taiyo Nippon Sanso gehen soll, sowie großer Teile des US-Geschäfts von Linde, das die deutsche Messer-Gruppe zusammen mit dem Finanzinvestor CVC kaufen will. Die Verkäufe summieren sich auf rund 2,7 Milliarden Euro Umsatz und 700 Millionen operativen Gewinn. Die US-Kartellbehörde FTC hatte aber schon signalisiert, dass ihr das als Zugeständnis noch nicht reicht.

Welche Behörden die neuen Bedenken geäußert haben, geht aus der Linde-Mitteilung nicht hervor. Die EU-Kommission hatte der Transaktion am Montag unter Auflagen zugestimmt. Doch steht noch das grüne Licht von einer Handvoll anderer Kartellwächter weltweit aus. 

(Reuters)

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