Ryanair droht wegen Streiks in Deutschland mit Jobabbau

REUTERS
  • Drucken

Dem angedrohten Streik des Flugpersonals von Ryanair fallen zahlreiche Flüge von und nach Deutschland zum Opfer.

Im Kampf um den ersten Tarifvertrag für Beschäftigte des irischen Billigfliegers Ryanair in Deutschland gehen Management und Gewerkschaften auf einen harten Konfrontationskurs. Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) und die für die Flugbegleiter verhandelnde Dienstleistungsgewerkschaft Verdi riefen rund 1500 Mitarbeiter kurzfristig zu einem gemeinsamen 24-Stunden-Streik ab Mittwochnacht auf. Ryanair-Vertriebschef Kenny Jacobs warf der VC im Gegenzug vor, mit einem ungerechtfertigten Streik dem Geschäft zu schaden. Sollten sie andauern, müssten alle Standorte in Deutschland überprüft und womöglich Personal abgebaut werden, sagte er vor Journalisten in Frankfurt.

Leidtragende des Konflikts sind erneut Tausende Fluggäste. Beim letzten europaweit koordinierten Streiktag Anfang August waren in Deutschland 250 Flüge mit rund 42.000 Passagieren ausgefallen. Diesmal müssten 150 von 400 Flügen von und nach Deutschland ausfallen, sagte Jacobs. Ryanair leidet unter einer Streikwelle, nachdem der Billigflieger seit Monaten erstmals mit Gewerkschaften in mehreren Ländern über Tarifverträge für Piloten und Kabinenbeschäftigten verhandelt, so auch in Deutschland. In Irland und Italien hat sich Ryanair bereits mit den Piloten geeinigt. Das Kabinenpersonal in Italien, Portugal, Belgien, Spanien und den Niederladen haben dagegen Streiks für Ende September angedroht.

Streit um Schlichtung

Ryanair kritisierte, die Gewerkschaft VC habe ohne Rücksprache mit den Piloten zu Streik aufgerufen. Ihr Verhandlungsführer Ingolf Schumacher habe vergangene Woche nicht den Unterschied zwischen einer Vermittlung nach Ryanairs Vorstellungen und einer Schlichtung nach deutschem Tarifrecht erklären können. Die Gewerkschaft hatte den irischen, von Ryanair vorgeschlagenen Mediator abgelehnt, weil dieser sich im deutschen Recht nicht gut genug auskenne. Das Airline-Management habe wiederum die von der Gewerkschaft bevorzugten Vermittler abgelehnt, erklärte die VC. "Ryanair will mit ihrem Vorschlag offenbar ein Tarifdiktat durch die Hintertür erreichen. Das ist mit uns nicht zu machen", so Schumacher.

Bei den Verhandlungspunkten zu Vergütung und Arbeitsbedingungen habe die Airline kein verbessertes Angebot vorgelegt. Nach Darstellung von Ryanair verdienen Piloten bis zu 190.000 Euro bei einer Fünf-Tage-Woche. Dennoch sei die Airline zu einer Lohnerhöhung bereit und wolle alle Piloten nach lokalem Recht fest anstellen. Bisher haben Jacobs zufolge 80 Prozent von ihnen einen Arbeitsvertrag.

Auch Verdis Vorgehen verurteilte das Ryanair-Management. Die Gewerkschaft wolle der Airline wohl eine Lektion erteilen, erklärte Ryanair-Personalchef Peter Bellew. "Verdi ist komplett unverantwortlich". Verdi-Vorstandsmitglied Christine Behle geht von einer hohen Beteiligung am ersten gemeinsamen Streik der Flugbegleiter und Piloten von Ryanair in Deutschland am Mittwoch aus. "Es gibt ein hohes Interesse daran, zu zeigen, dass man zusammensteht", sagte sie am Dienstag in Berlin. "Wir haben den größeren Teil der Beschäftigten mittlerweile organisiert und es werden täglich mehr", sagte sie über die etwa 1000 in Deutschland stationierten Kabinenmitarbeiter, von denen rund 700 Leiharbeitskräfte seien. Eine genaue Zahl der in der Gewerkschaft organisierten Kräfte wollte Behle nicht nennen.

Mittwoch sei kein verkehrsstarker Tag, sagte Verdi-Verhandlungsführerin Mira Neumaier. Es handele sich um "ein Warnsignal" an den irischen Billigflieger. Ob es zu weiteren Arbeitskampfmaßnahmen komme, sei vom Verlauf der Verhandlungen abhängig. Ein nächster Termin für Tarifgespräche werde derzeit gesucht, sagte Behle. Die zweite Verhandlungsrunde zwischen Verdi und Ryanair hatte am 5. September ergebnislos geendet. Die Gewerkschaft fordert ein substantiell höheres Entgelt sowie die Einführung eines Basisgehaltes für alle Flugbegleiter und eine Kompensation bei Verspätungen.

(Reuters)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Ryanair-Chef Michael O'Leary will sich nicht von Journalisten stören lassen
Unternehmen

Ryanair schließt Journalisten von Hauptversammlung aus

Michael O'Leary will mit seinen Aktionären allein sein. Anders als sonst sind Journalisten bei der Hauptversammlung nicht erwünscht. Dabei: Ryanair leidet derzeit unter der schlimmsten Streikwelle in der Geschichte der Fluggesellschaft
Unternehmen

92 Prozent Auslastung bei Laudamotion, 97 bei Ryanair

Die irische Fluglinie Ryanair hat im August 13,8 Millionen Passagiere befördert, davon eine halbe Million mit der Wiener Tochter Laudamotion.
PK LAUDAMOTION: O'LEARY/GRUBER
Unternehmen

Ryanair verleiht Laudamotion Schub

Die Billigairline trimmt ihre österreichische Tochter auf Wachstum: Es gibt neue Flugzeuge, ein neues Design, neue Uniformen und höhere Gehälter für die Piloten.
Passengers wait to board a Ryanair flight at Gatwick Airport in London
Unternehmen

Ryanair verbannt Trolleys von Bord

Die größte europäische Billig-Airline verschärft die Bestimmungen für das Handgepäck, um Verzögerungen zu vermeiden. Nur Priority-Passagiere dürfen ihren kleinen Rollkoffer gratis mitnehmen.
FILE PHOTO: A Laudamotion Airbus A320 plane is seen at the airport in Duesseldorf
Home

Kritik an 55 Euro hoher Check-in-Gebühr bei Laudamotion

Pro Person und Strecke fallen 55 Euro an, wenn Fluggäste nicht online einchecken. Bei der Arbeiterkammer häufen sich die Beschwerden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.