Kapsch TrafficCom soll deutsche Pkw-Maut einsammeln

APA/dpa-Zentralbild/Jens Büttner
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Das Wiener Unternehmen Kapsch TrafficCom ist auserkoren, die "Ausländermaut" in Deutschland einzuheben. Der Großauftrag kommt zur rechten Zeit, denn in Tschechien setzte sich ein Konkurrent bei der Lkw-Maut-Ausschreibung durch.

Die geplante deutsche Pkw-Maut ist in Österreich besonders umstritten. Sogar eine Klage Wiens gegen die "Ausländermaut" liegt beim EuGH in Luxemburg. Doch zumindest ein heimisches börsennotiertes Unternehmen darf sich aller Wahrscheinlichkeit über die Straßentaxe freuen: Der heimische Mautspezialist Kapsch TrafficCom soll den Zuschlag zur Errichtung und den Betrieb erhalten, teilte die börsenotierte Firma des IV-Präsidenten Georg Kapsch mit.

"Die zuständige Vergabestelle hat Kapsch TrafficCom über die Absicht benachrichtigt, den (entsprechenden, Anm.) Vertrag mit MTS Maut & Telematik Services GmbH, einer 100 prozentigen Tochtergesellschaft von Kapsch TrafficCom AG, zu schließen", teilte das Wiener Unternehmen am späten Mittwochabend mit. "Der Zuschlag kann bei planmäßiger Vorabinformation der unterlegenen Bieter frühestens am 22. Oktober 2018 erteilt werden." Danach könnten noch etwaige vergaberechtliche Verfahren abzuwarten sein.

Der Vertrag hat eine Grundlaufzeit von zwölf Jahren ab Beginn der Erhebung der Maut. Die Bundesrepublik Deutschland kann den Vertrag auf maximal bis zu 15 Jahre verlängern. Das Auftragsvolumen beläuft sich laut Kapsch - je nach konkreter Ausformung der Leistungen - auf bis zu 120 Millionen Euro.

"Wir haben einen Riesenschritt zur technischen und organisatorischen Umsetzung gemacht", wird der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) im "Münchner Merkur" (Donnerstagsausgabe) zitiert. Das Ministerium in Berlin hatte bereits zuletzt angekündigt, bis Jahresende solle feststehen, wer die Maut erhebt und kontrolliert.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartete erst dieser Tage, dass die Klagen Österreichs und auch der Niederlande gegen die deutsche Pkw-Maut nicht erfolgreich sein würden. Man habe eine mit dem Europarecht konforme Lösung gefunden, sagte sie erst am Montag. "Deshalb glaube ich auch, dass die Klagen der Nachbarländer nicht so einen großen Erfolg haben werden."

Die Maut soll auf Bundesstraßen und Autobahnen kassiert werden, für Ausländer nur auf Autobahnen. Österreich und Holland stören sich daran, dass es sich um eine reine "Ausländermaut" handle, also Deutsche selbst nicht zur Kassa gebeten würden. Die Maut ist ein Prestigeprojekt der CSU.

Deutsche Autofahrer sollen künftig im Gegenzug für Mautzahlungen durch eine geringere Kfz-Steuer komplett entlastet werden. Nach Abzug der Kosten soll die Maut gut 500 Millionen Euro im Jahr für Investitionen einbringen.

In Tschechien verloren

Der bevorstehende Mautauftrag in Deutschland sorgt für Aufatmen bei den Anlegern. Die Kapsch-Aktie, heuer einer schwächstes Prime-Titeln in Wien, legte am Donnerstag zu Handelsbeginn um knapp zehn Prozent zu.

In Tschechien, wo Kapsch TrafficCom  das Lkw-Mautsystem errichtet hat und betreibt, hat das Unternehmen heuer die Neuausschreibung für den zehnjährigen Betrieb ab 2020 verloren. Das tschechische Verkehrsministerium kürte im Frühjahr das Konsortium SkyToll/CzechToll zum Bestbieter.  Seither versucht Kapsch TrafficCom mit Einsprüchen, das Blatt noch zu wenden. "Mann muss auch verlieren können", gab der tschechische Verkehrsminister Daniel Tok zu bedenken.

(APA)

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