Das Ende der Siemens-Großfamilie

Siemens trennt sich von seiner kriselnden Kraftwerksparte.
Siemens trennt sich von seiner kriselnden Kraftwerksparte. APA/AFP/JOHANNES EISELE
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Siemens will sein traditionsreiches Energiegeschäft abspalten und an die Börse bringen. Am neuen Unternehmen soll Siemens mit weniger als 50 Prozent beteiligt sein. Die Aufspaltung des Konzerns beschleunigt sich.

Siemens-Chef Joe Kaeser kappt die Wurzeln des 172 Jahre alten Konzerns. Das Kerngeschäft mit Öl- und Gaskraftwerken, einst verlässlicher Gewinntreiber der Münchener, soll abgespalten und an die Börse gebracht werden. Um die kriselnde Kraftwerkssparte für Anleger interessant zu machen, bringt Siemens auch seine 59-Prozent-Beteiligung an Siemens Gamesa, der deutsch-spanischen Nummer eins im Windkraft-Geschäft, mit ein.

So entsteht ab 2020 ein neuer europäischer Energiekonzern mit 30 Milliarden Euro Umsatz und gut 80.000 Mitarbeitern. Ein Großteil der Aktien wird an bestehende Siemens-Aktionäre verschenkt. Siemens selbst will mittelfristig nur noch die Sperrminorität am Energie-Spin-Off halten.

10.000 alte Mitarbeiter müssen gehen

Damit treibt der Siemens-Vorstandsvorsitzende Kaeser die selbst verordnete „Zerschlagung" des deutschen Industriekonzerns mit großen Schritten voran. Schon im August 2018 stellte er in der "Vision 2020+" seine Pläne zum radikalen Umbau der alten Siemens-Familie vor. Statt wie bisher alle Beteiligungen unter einem Dach zu bündeln, damit die stärkeren Bereiche die schwächeren stützen können, sollen die Sparten künftig möglichst unabhängig agieren können. 

Kaeser ist mit seinen Plänen bereits weit gekommen: Mitte 2013 hat sich Siemens vom Lichttechnik-Unternehmen Osram getrennt. Das gesamte Gesundheitsgeschäft ist abgespalten und notiert heute eigenständig an der Börse. Die Windkraftsparte wurde vor zwei Jahren mit dem spanischen Mitbewerber Gamesa fusioniert. Und auch die Zugsparte sollte mit dem französischen Rivalen Alstom zusammengehen, was letztlich aber von den EU-Wettbewerbshütern vereitelt wurde. Auch beim Personal setzt Siemens auf eine Frischzellenkur. 10.000 Mitarbeiter müssen gehen, 20.000 neue werden eingestellt.

Geschwindigkeit statt Größe

Siemens verliert mit der Abspaltung eine Sparte, die durch die Energiewende hin zu vielen kleineren, dezentralen Ökostromkraftwerken stark unter Druck geraten ist, aber immerhin noch zwölf Milliarden Euro Umsatz generiert hat. Der Münchener Konzern wird deutlich kleiner und richtet seinen Fokus noch stärker auf Digitalisierung und intelligente Fabriken. „Die Siemens-Geschäfte der nächsten Generation werden andere Erfolgsmerkmale haben", unterstrich Kaeser. „An die Stelle von Breite, Größe und Gleichschritt treten Fokus, Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit. Damit sichern wir die Zukunftsfähigkeit unserer Geschäfte im Zeitalter der digitalen Vierten Industriellen Revolution".

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