Top Gun wird 45: "Wer zur Hölle glaubt ihr, dass ihr seid?"

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Am 3. März 1969 war es nur ein Container, in den 80er-Jahren ein Hollywood-Blockbuster. Heute ist Top Gun die Elite-Pilotenschule der US-Armee.

Neun Männer, ein Metallcontainer und rote Farbe. So unscheinbar begann die Geschichte der Navy Fighter Weapons School, besser bekannt als „Top Gun", am 3. März 1969. Trostlos war auch der Grund ihrer Gründung, nämlich das schlechte Abschneiden der US-Jagdflieger in den Luftkämpfen am Anfang des Vietnamkriegs. Heute gilt Top Gun als Elite-Pilotenschule der US-Marine, ist aus dem Militärbetrieb nicht mehr wegzudenken und bildete den Stoff für einen Hollywood-Blockbuster.

Nordvietnam sollte „in die Steinzeit zurückgebombt" werden, hatte der Appell von US-Luftwaffengeneral Curtis E. LeMay zu Beginn der 1960er-Jahre gelautet. Doch die Operation „Rolling Thunder", brachte nicht den erhofften Sieg: Die kommunistischen MiGs waren im „dogfight" (Luftnahkampf) überlegen, denn sie waren - anders als frühere Modelle der F-4 „Phantom II"-Serie der USA - mit Bordkanonen ausgestattet. Die Verlustrate war erschreckend hoch. Die USA sollen von 1955 bis Mitte Oktober 1967 an die 2789 Flugzeuge eingebüßt haben. Mit ein Grund dafür die mangelnde Ausbildung der Piloten.

242 Problembereiche und eine Empfehlung

Während Opferzahlen und Materialverluste stiegen (zeitweise mussten sogar Flugzeuge aus Reserveeinheiten abgezogen werden), machte sich Cpt. Frank Ault, Kommandant der USS Coral Sea, auf Ursachensuche. Von Juli bis November 1968 sammelte er Daten und verfasste den „Report of the Air-to-Air Missile System", den er am 1. Jänner 1969 vorlegte. Das Ergebnis: 242 Problembereiche, zahlreiche Verbesserungsvorschläge und eine Empfehlung: die Gründung einer Schule, spezialisiert auf den Luftkampf.

Die Navy kam der Aufforderung nach: Unter der Federführung des damals 33-jährigen Korvettenkapitäns Dan Pedersen wurde Top Gun im kalifornischen Miramar gegründet - unter bescheidensten Umständen. Denn das Ausbildungszentrum bestand lediglich aus einem Metallcontainer, der von Pedersen und acht Piloten der F-4 „Phantom II" Replacement-Air-Group, mit roter Farbe aufgepeppt wurde. Darin fanden sich eine Leinwand, Tische, Stühle und eine Kaffeemaschine.

Nächster Schritt war die Suche nach Studenten: Der Plan lautete, sich die besten Piloten jeder Staffel vorzunehmen, um sie im Zuge eines sechswöchigen Trainings noch besser zu machen. Danach sollten sie als Ausbildungsleiter zu ihrer Einheit zurückkehren und dort die neuesten Luftkampftaktiken weitergeben. Doch die Begeisterung war überschaubar, nur widerwillig wurden Piloten entsandt. „Der Rest der Navy wusste nicht, dass wir existieren", schreibt Pedersen später in dem Buch „Scream of Eagles". „Sie sagten: 'Wer zum Teufel glaubt ihr, dass ihr seid?"

Die Ausbildung beinhaltete eine Kombination aus Theorie über die im Vietnam eingesetzten sowjetischen MiGs und Praxis im Sinne des „dissimilar air combat training". Bei Letzterem kämpften die Piloten nicht wie bisher üblich gegen ein Flugzeug des Typs, das sie selbst flogen, sondern beispielsweise gegen die A-4 „Skyhawk" (die Unterschallflugzeuge simulierte) oder die F-5E „Tiger II", die Überschallgegner darstellte.

Erfolg - im Krieg und auf der Leinwand

Die erste Bewährungsprobe von Top Gun kam im Mai 1972. US-Präsident Richard Nixon wollte im Wahljahr eine militärische Niederlage mit allen Mitteln verhindern. Am 8. Mai 1972 kündigte er daher die Verminung des Hafens von Hải Phòng, eine Seeblockade sowie neuerliche Flächenbombardements Nordvietnams an („Operation Linebacker"). Hierbei warf die US-Luftwaffe rund 112.000 Tonnen Bomben ab, das Abschussverhältnis der Navy-Piloten lag bei 13 zu 1. Zum Vergleich: 1967 lag es bei 2 zu 1. Besonders hervor stachen dabei die Top-Gun-Absolventen Randall H. Cunningham und Willy Driscoll, die gemeinsam fünf feindliche Flugzeuge abschossen.

In den 1990er-Jahren wurde Top Gun zusätzlich auf Bodenangriffe ausgerichtet. 1996 wurde die Schule in das Naval Strike and Air Warfare Center eingegliedert und nach Nevada verlegt.

Dass die mittlerweile zur Elite-Pilotenschule avancierte Navy Fighter Weapons School nicht nur einen Meilenstein in der Militärgeschichte darstellte, sondern auch Stoff für Hollywood bildete, war spätestens 1986 klar. In diesem Jahr erschien der Film „Top Gun - Sie fürchten weder Tod noch Teufel" mit Tom Cruise in der Hauptrolle. Der von Jerry Bruckheimer produzierte Streifen spielte weltweit 353,8 Millionen US-Dollar ein - und machte Top Gun auch abseits des Militärs berühmt.

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