Joe Louis: Der erste schwarze Held der USA

Joe Louis
Joe Louis(C) History Museum
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Der legendäre 26-fache Boxweltmeister Joe Louis wär heute 100 Jahre geworden. Berühmt wurde er 1936 und 1938 durch die Kämpfe gegen den Deutschen Max Schmeling.

Welch Ironie der Rassismusgeschichte im Schwergewichtsboxen: Als 1908 der US-Amerikaner Jack Johnson (1878–1946) der erste schwarze Boxweltmeister wurde, war das weiße Nordamerika entsetzt. In den USA gab es Rassenkrawalle. 23 Schwarze und zwei Weiße kamen dabei um. Als 30 Jahre später Joe Louis aus Alabama als zweiter schwarzer Boxweltmeister aller Klassen den deutschen Herausforderer, Max Schmeling, aus dem Reich des Rassenwahns in Runde eins k.o. schlug, wurde „The Brown Bomber“ als Held gefeiert. Louis war der erste schwarze „American Hero“ und fand seine letzte Ruhe auf dem Nationalfriedhof in Virginia, dort, wo etwa auch John F. Kennedy begraben liegt.

„Mister President, ich bedanke mich, dass Sie Joe Louis in Arlington einen ehrenvollen Platz gegeben haben“, sagte später Max Schmeling zum damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan bei dessen Deutschlandbesuch 1982. Die Inschrift des massiven Grabsteins auf dem Nationalfriedhof lautet: „Joe Louis (Barrow), Technical Sergeant U.S. Army, May 13, 1914–April 12, 1981“. Heute Dienstag, 13. Mai, jährt sich also der Geburtstag der ersten afroamerikanischen Ikone der Vereinigten Staaten zum 100. Mal.

Der politischste Boxkampf aller Zeiten

Mit allen militärischen Ehren hat Reagan den Champion 1981 auf dem Heldenfriedhof bestatten lassen. Louis hatte 1941–45 in der Army als Symbolfigur gedient, vor über zwei Millionen Soldaten abseits der Kämpfe und im Hinterland 96 Schaukämpfe geboten, mehr als 100.000 Dollar den Hilfsfonds der Army und Navy gespendet. Dann wurde er im Rang eines Sergeants (in Österreich ist das ein Wachtmeister) entlassen.

Dem „von der Politik am meisten vereinnahmten Boxkampf der Geschichte“, wie die englische Zeitung „The Guardian“ im Nachruf zum Tod Schmelings 2005 schrieb, verdankte Louis seinen Heldenstatus in einer von Rassismus zerrissenen US-Gesellschaft. Es ging damals, 1938, um mehr als um die Revanche des Amerikaners, der seinerseits zwei Jahre zuvor von Schmeling sensationell in Runde zwölf k.o. geschlagen worden war. Das zweite Duell am 22. Juni 1938 vor 70.000 Zuschauern im New Yorker Yankee-Stadium und geschätzten 100 Millionen Zuhörern am Radio beiderseits des Atlantiks wurde kurz vor Beginn des Weltkriegs zum Kampf zweier Mächte stilisiert: das freie Amerika gegen Nazi-Deutschland. In der einen Ecke stand die Demokratie, trotz Rassendiskriminierung, die Schwarze etwa noch vom Nationalsport Baseball ausschloss. In der anderen Ecke stand die Hitler-Diktatur, obwohl Schmeling kein Nazi war, aber von den Nazis vereinnahmt wurde.

So wie auch Louis von der US-Propaganda: Präsident Franklin D. Roosevelt empfing den „Braunen Bomber“ im Weißen Haus, befühlte dessen Bizeps und schwadronierte: „Joe, wir brauchen Muskeln wie deine, um die Deutschen zu besiegen.“

Es bedarf nicht des 100. Geburtstags, um Amerikanern Louis in Erinnerung zu rufen. Die Viertelmeile vor dem Madison Square Garden heißt Joe Louis Plaza; das NHL-Eishockey-Team Detroit Red Wings spielt in der Joe Louis Arena. Eine Statue Louis' in Kampfstellung erinnert daran, dass der Champion in der nördlichen Autostadt aufgewachsen war. Louis wurde Juni 1937 durch K.-o.-Sieg in Runde acht über James Braddock, einen weißen New Yorker, Weltmeister. Sein Weltrekord von 25 Titelverteidigungen gilt immer noch. Vor seinem Rücktritt als Weltmeister 1949 hat ihn nur einer in 69 Kämpfen besiegt: Schmeling. Doch da ging es um keinen Titel. Beide wurden nach dem Krieg Freunde.

Gescheitertes Comeback und Armut

Louis' Comeback scheiterte. 1950 verlor er gegen Ezzard Charles, 1951 durch k.o. gegen Rocky Marciano. Obwohl Louis laut Box-Enzyklopädie „The Ring“ 4,4 Millionen Dollar verdient hatte, starb er verarmt mit 66 Jahren in Paradise, Nevada, an einem Herzinfarkt.

ZUR PERSON

Joseph Louis Barrow (1914–81) kam als siebtes von acht Kindern einer Bauernfamilie in Alabama auf die Welt. Sein Vater kam dauerhaft in eine Nervenklinik, die Familie zog 1926 nach Detroit, wo Louis mit dem Boxen in Kontakt kam. Er fing ernsthaft 1932 an, schlug sich rasch nach oben. 1936 galt er als unbesiegbar, wurde aber unerwartet vom Deutschen Max Schmeling k. o. geschlagen, der taktische Fehler bei Louis erkannt hatte (schlechte Schutzhaltung nach linker Geraden). 1937–49 war er Schwergewichtsweltmeister, 1938 schlug er Schmeling in einem politisch brisanten Kampf. Comebacks in den 1950ern scheiterten, er verdingte sich u.a. als Türsteher, bekam mentale- und Drogenprobleme und starb 1981 verarmt bei Las Vegas an Herzinfarkt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2014)

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