NS-Kriegsverbrechen: Polen beantragt Auslieferung von US-Bürger

Der 98-Jährige soll 1944 als Kommandant einer mit der SS zusammenarbeitenden Einheit die Hinrichtung von 44 Menschen befohlen haben.

Polen will die USA um Auslieferung eines mutmaßlichen NS-Kriegsverbrechers ersuchen, der 1944 die Hinrichtung von 44 Menschen befohlen haben soll. Dies verlautete am Dienstag aus Justizkreisen.

Nach Angaben des polnischen Instituts für Nationales Gedenken (IPN), das Verbrechen aus der Zeit der NS-Besatzung und des Kommunismus aufdeckt, handelt es sich um den 98 Jahre alten Michael Karkoc, einen im Bundesstaat Minnesota lebenden US-Bürger.

Das Institut werfe Karkoc Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, sagte der Leiter des IPN-Regionalbüros Lublin, Jacek Nowakowski, der Nachrichtenagentur AFP. Bereits im Juni 2012 hatte das Simon-Wiesenthal-Zentrum das US-Justizministerium aufgefordert, gegen Karkoc zu ermitteln. Dieser werde verdächtigt, Kommandant einer ukrainischen SS-Einheit gewesen zu sein, die "Gräueltaten an Zivilisten" begangen habe.

Vergeltungsaktion befohlen

Am 23. Juli 1944 hatte der Kommandant einer mit der SS zusammenarbeitenden Einheit der Ukrainischen Selbstschutz Union eine Vergeltungsaktion in den polnischen Dörfern Chlaniow und Wladyslawin in der Region Lublin befohlen. Dabei ordnete er auch die Hinrichtung aller Einwohner an. 44 Zivilisten, Männer und Frauen, wurden getötet.

Auf Zeugen konnte das polnische Institut nicht zurückgreifen, es grub jedoch Dokumente aus, die belegen sollen, dass es sich bei dem fast hundertjährigen US-Bürger um den früheren ukrainischen Kommandant handle. Unter anderem wurden Schriftproben aus den USA mit Dokumenten aus der NS-Zeit verglichen.

Nowakowski zufolge beantragte das Institut am Montag in einem ersten Schritt einen Haftbefehl gegen Karkoc vor dem Gericht in Lublin. Sobald dieser vorliege, werde das Institut das Auslieferungsersuchen an das Justizministerium übergeben, wo der Fall dann auf diplomatischem Wege an die USA weitergeleitet werde.

Es sei klar, dass das Verfahren wegen des hohen Alters des Verdächtigten möglicherweise nicht zu Ende geführt werden könne, sagte Nowakowski. "Aber das wird uns nicht daran hindern, ihn zu verfolgen." Sollte Karkoc ausgeliefert werden und sein Gesundheitszustand einen Prozess erlauben, droht ihm eine lebenslange Haftstrafe.

(APA/AFP)

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