Er hat Hunderttausenden Menschen die Häftlingsnummer in den Unterarm geritzt: Lale Sokolov war jüdischer Häftling, Zwangsarbeiter und Tätowierer im KZ. Er überlebte. Seine Geschichte hat er kurz vor seinem Tod erzählt.
Am Abend begab sich Lale Sokolov zu den Männern in Block 7 und sagte ihnen, was die SS von ihm wollte. „Nein“, antwortete ihm ein Mann, „ich werde es nicht machen. Du kannst mich nicht dazu bringen.“ Ein anderer meldete sich freiwillig, er sagte: „Ich habe früher gespielt.“ Die Männer in Block7 blieben gespalten, Sokolov sagte aber, dass dies auch die Möglichkeit einer klitzekleinen Rache sein könne: die SSler treten und dafür vielleicht nicht bestraft werden. Ein Mann fiel ihm ins Wort und berichtete, in Block15 gebe es sogar einen Profi aus Ungarn. Sokolov konnte schließlich neun Männer finden, die bereit waren. Bereit, im KZ Auschwitz-Birkenau Fußball gegen die SS zu spielen.
So standen am darauffolgenden Sonntag auf der einen Seite wohlgenährte und gut ausgestattete Spieler, auf der anderen Seite ausgemergelte, gezeichnete Häftlinge. Zehn Minuten nach Anpfiff führten die Häftlinge 2:0. Sie durften aber nicht gewinnen, das hatte ihnen Sokolov eingeredet – es war viel zu riskant. Als es in der Halbzeit unentschieden stand, regnete es Asche auf das provisorische Fußballfeld, der Wind wehte sie von den Krematorien her. Asche, der ständige Tod, die Entmenschlichung der Häftlinge und die zynischen Spielchen der SS, es gehörte alles zum Alltag in Auschwitz. „Gut gespielt, Tätowierer“, sagte Josef Houstek von der Lager-Gestapo am Ende zu Sokolov, ehe er als Zuschauer das Feld verließ, um den Sieg der SS zu feiern.