Bulgarien: Ataka winken wieder zwei EU-Mandate

(c) AP (Valentina Petrova)
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Trotz zahlreicher Skandale und rassistischer Äußerungen hat sich die radikale Partei Ataka als Protestbewegung etabliert. „Nein zur Türkei in der EU“, lautet Atakas aktuelle Parole.

SOFIA. Bulgariens Stimmbürger, die sich über das Programm der nationalistischen Partei „Ataka“ zur Europawahl am 7. Juni und zur Parlamentswahl am 5. Juli informieren wollen, haben es nicht leicht. Der TV-Sender SKAT, Atakas propagandistisches Sprachrohr, der ihr im Juni 2005 maßgeblich zum überraschenden Einzug in die bulgarische Nationalversammlung verholfen hat, ist vor einigen Monaten vielerorts von der Bildfläche verschwunden. Mit Vertragsstreitigkeiten zwischen SKAT und lokalen Kabelgesellschaften begründete dies der Verband bulgarischer Kabelbetreiber.

Erzfeind Türkenpartei

Dazu kommt, dass Atakas Parteiorgan nur von den wenigsten Zeitungskiosken geführt wird und die bürgerliche Presse sich in ihrer Berichterstattung über die Aktivitäten der Partei von Ataka-„Führer“ Volen Siderov vornehm zurückhält. All dies erlaubt Ataka, der „herrschenden Mafia“ Repression und Zensur vorzuwerfen.

Trotz medial erschwerter Ausgangsbedingungen dürfte Ataka bei den bevorstehenden Wahlen mit ihrem Erzfeind, der Partei der türkischen Minderheit DPS, um Rang drei konkurrieren, hinter GERB, der Partei des Sofioter Bürgermeisters Boiko Borissov, und der sozialistischen BSP von Ministerpräsident Sergej Stanischev. Letzte Meinungsumfragen sehen Ataka mit zwei Abgeordneten im nächsten Europaparlament vertreten. So könnten Siderovs erst 26 Jahre alter Stiefsohn Dimiter Stojanov und der einstige Nachtclubbesitzer und Taekwondo-Meister Slavi Binev mit ihrer zweiten Legislaturperiode in Straßburg rechnen. Vor allem Stojanov hat sich dort seit 2004 mit juden- und romafeindlichen Äußerungen zweifelhafte Prominenz erworben.

Auch in Bulgarien selbst erregte Ataka vor allem durch Skandale Aufsehen. So dezimierten parteiinterne Grabenkämpfe die zunächst 21 Sitze starke Fraktion auf derzeit elf Mandatare. Dennoch hat sich Ataka vor allem in der Provinz eine treue Klientel geschaffen, die der Sprachgewalt und demagogischen Verführungskraft Siderovs zu verdanken ist. Bereits im Jänner zogen Siderov und seine „Atakisten“ demonstrativ aus dem Parlament aus, um ihren „politischen Kampf“ gegen die angebliche Kolonialisierung der Bulgaren durch Türken sowie Roma und Sinti auf die Straße und in die Versammlungssäle der Republik zu tragen.

„Nein zur Türkei in der EU“, lautet also Atakas aktuelle Parole. Zuletzt ist aber mit der Partei „Recht, Sicherheit und Gerechtigkeit“ eine ernst zu nehmende Konkurrenz entstanden. Seit Monaten dominiert deren Parteichef Jane Janev die mediale Öffentlichkeit mit seinem Feldzug gegen die „korrupte Oligarchie“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2009)

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