Wolfgang Baumjohann - Rätselhafte Teilchen im Weltall

Wolfgang Baumjohann
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Wolfgang Baumjohann erforscht die Faszination des Weltalls. Geräte, die in seinem Institut entwickelt werden, umkreisen die Erde und könnten bald die Reise zum Mars und Merkur antreten.

Früher forschte Wolfgang Baumjohann eher an Dingen, die auf der Erde passieren – als Physikstudent war er an der Ausbreitung von Erdbeben interessiert –, dafür stieg er noch gern auf Berge, die höher waren: Einige 5000er und ein 6000er zählen zu seinen Gipfelerfolgen. Im Laufe der Zeit richtete sich auch sein Forscherinteresse mehr nach oben: bis in den Weltraum.

In seiner Freizeit bleibt Baumjohann nun lieber auf der Erde, widmet sich seinem großen Garten in Graz und macht keine Hochtouren mehr, sondern normale Bergwanderungen, am liebsten mit seiner Frau Rumi Nakamura, die ebenfalls eine hervorragende Weltraumforscherin ist.

Wolfgang Baumjohann, der in der Kategorie Forschung als Österreicher des Jahres nominiert ist, leitet seit 2004 das größte heimische Institut für Weltraumforschung (IWF), eine Einrichtung der ÖAW in Graz.

Dass Österreich weltweit in der Spitzenliga der Weltraumforschung mitspielt, ist vielen nicht bewusst. Internationale Kooperationen, zu denen das IWF aufgrund seiner Erfolge beim Instrumentenbau und der Auswertung von Daten aus dem Weltraum eingeladen wird, bestätigen dies.

„Derzeit bauen wir Instrumente für eine Mission, die die Nasa in vier Jahren in das Weltall schicken wird“, erzählt Baumjohann. Von allen ausländischen Partnern ist Österreich dabei der größte. Oder ein Projekt europäisch-japanischer Zusammenarbeit, bei dem zwei Raumsonden zum Merkur geschickt werden sollen: Fast alle Hauptverantwortlichen für die Geräte auf der japanischen Raumsonde sind Japaner, nur einer ist Europäer: Wolfgang Baumjohann.

Puzzlespiel aus Satellitendaten

„Die Faszination dieser Forschungen ist, dass man die Experimente nicht im Labor planen und durchführen kann, sondern, dass die Natur die Experimente macht. Die Frage ist bei diesen komplexen Dingen: Warum passiert das so?“ Wie bei einem Puzzlespiel versucht man, aus vielen Informationen (die u.a. von Satelliten gesendet werden) ein großes Ganzes zusammenzusetzen, das einem irgendwann ein klares Bild liefert.

Eines der Puzzles, die Baumjohann und sein Team zu verstehen versuchen, ist Weltraumplasma. „Der Weltraum ist nicht leer. Es gibt Milliarden über Milliarden von Sonnen und Abermilliarden Planeten. Zwischen diesen festen Körpern gibt es nicht nur Vakuum.“ Gefüllt ist das Vakuum mit extrem heißem Gas, das bei diesen Temperaturen nicht mehr aus Atomen und Molekülen besteht, sondern aus geladenen Ionen und Elektronen. „Das Plasma ist sehr dünn, und es verhält sich mit seinen geladenen Teilchen extrem interessant und fast schon ,lebendig‘.“

Auf der Erde will man das Plasma z.B. für die Kernfusion nutzen: als saubere Quelle für riesige Mengen an Energie. „Man versucht seit etwa 30 Jahren, das Plasma zu bändigen und wird es vielleicht in weiteren 30Jahren geschafft haben“, mutmaßt Baumjohann.

Auch die Sonne besteht aus Plasma, und im erdnahen Weltall kann man – durch Instrumente, die am IWF gebaut werden – sehr gute Messungen dieser hochkomplexen Materie machen.

„Bei der Mission zum Merkur geht es auch um das Plasma, das ihn umgibt“, erklärt Baumjohann. Eine andere Mission, nämlich die zum Mars, liegt derzeit leider auf Eis – wegen budgetärer Probleme: „Die ESA hatte eine Mission zum Mars geplant, wir durften da mitbauen. Das Ding steht jetzt im Schrank bei uns; wir hoffen, dass es zum Mars fliegen kann, wenn die ESA wieder Geld hat.“

Bewusst nach Graz gegangen

Den Weg nach Graz schlug Baumjohann vor fast zehn Jahren ganz bewusst ein: „Nach der langen Lern- und Forschungsphase, während der ich weltweit an großen Forschungsinstituten arbeiten konnte, war die Zeit gekommen, dass ich etwas zurückgebe.“

Als Direktor des Weltraumforschungsinstituts ist es nun zwar mehr zum Nebenjob geworden, die spannenden Daten selbst auszuwerten, aber dafür kann er jüngeren Leuten die Gelegenheit bieten, gute Forschung zu machen, und gemeinsam mit ihnen neue Entdeckungen machen.

AUF EINEN BLICK

Wolfgang Baumjohann (*1950) studierte in Münster Physik und habilitierte sich in München (Geophysik). Nach Gastprofessuren in den USA und Japan (wo er seine Frau kennenlernte) kam er 2001 nach Graz und leitet seit 2004 das Institut für Weltraumforschung.


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