Paul Gessl - Die Kunstfuzzis den Charme der Kennzahlen lehren

Paul Gessl
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Der studierte Diplomingenieur Paul Gessl regiert rationell Niederösterreichs Kulturbetriebe. Warum er vom Erdöl zur Kultur wechselte – und diese nie mehr loslassen möchte.

„Ich habe einen der schönsten Jobs in Österreich. Die Dankbarkeit dafür versuche ich täglich auszustrahlen“, sagt Nöku-Geschäftsführer Paul Gessl.

Nöku, das ist die „Niederösterreich Kulturwirtschaft GesmbH“, Dachgesellschaft von zwölf Veranstaltungs- und Ausstellungsbetrieben, kurz des gesamten NÖ-Kulturlebens, von den Festivals (z.B. Donaufestival) bis zur Kunstmeile Krems, von der Schallaburg bis zum Mistelbacher (Nitsch-)Museum. Das Unternehmen hat circa 1000 Beschäftigte, bekommt 42,8Mio. Euro vom Land Niederösterreich, vom Bund 2,1 Mio. und von den Gemeinden 1,5 Mio. Eigenerlös: 17Mio. Euro. Sinn der Nöku ist, bestimmte Bereiche zentral zu organisieren: Controlling, Energie, Computer. Vor rund zehn Jahren hat sich der Hollabrunner Paul Gessl bei einer Ausschreibung um die Führung der damals im Aufbau befindlichen Nöku beworben.

Gesucht wurde ein Manager aus der Privatwirtschaft. Gessl („Ich stamme aus einer armen Familie“) hat in Leoben Erdölwesen studiert, nach der Matura an einem neusprachlichen Gymnasium: „Mein Motto ist: Was ich anfange, mache ich zu Ende, aber ich habe immer gewusst, dass ich kein Techniker werden will.“ Trotzdem arbeitete er 15 Jahre in der Metallbranche. Er wollte die Firma übernehmen, die er aufgebaut hatte. Der Management-Buy-out scheiterte, er beschloss umzusatteln.

Die Nöku war seit ihrer Gründung stark auf Expansionskurs. In diesem Konzern manifestiert sich das wachsende Selbstbewusstsein des einst verachteten Niederösterreich: „Früher hat man sich geniert, zu sagen, man ist aus Hollabrunn“, erinnert sich Gessl. Damit ist es seit Langem vorbei. In die Kunst mischt sich Gessl nicht ein, auch wenn er gern Werke österreichischer bildender Künstler sammelt und viel zu Informationszwecken auf Festivals fährt.

Hobbies: Garten, Weinreisen

Die Ostöffnung, davon ist er überzeugt, wird auch künftig Besucherströme nach Niederösterreich lenken, zum aufstrebenden Konzertfestival in Grafenegg, in den Archäologiepark von Carnuntum, in dessen Ausbau 27 Mio. Euro investiert werden oder ins Urgeschichte-Museum in Asparn an der Zaya, das verstärkt mit dem Museumszentrum in Mistelbach kooperieren könnte: „Man muss strategisch denken“, sagt Gessl.

Er kann sich noch gut erinnern, wie er als Kind mit seinen Eltern sonntags manchmal Ausflüge zur Grenze machte: „Es war deprimierend. Entlang des Eisernen Vorhangs war nichts.“ Es gab auch Krisen in seiner Arbeit, das Stadttheater von St.Pölten wurde vom Land übernommen, Chor, Ballett, Orchester mussten aufgelöst werden, „aber die Ausrichtung auf ein urbanes Theater (unter der Leitung der unternehmungslustigen Isabella Suppanz, Red.) hat sich letztlich bewährt“. Auch beim Museumszentrum in Mistelbach, das zu groß dimensioniert worden war und mit Nitsch als Zentrum allein nicht auskommen konnte, musste Gessl Krisenfeuerwehr spielen.

Bei den Bundesmuseen wurde lang um Rahmenzielvereinbarungen gestritten, die Überschneidungen im Programm beseitigen sollten. Niederösterreich hat sie seit Langem. Ist Gessl ein strenger „Aufseher“? Er wirkt so, will sich aber nicht als Neoliberaler sehen. Betriebe, die große Gewinne machen, aber keine Praktikanten aufnehmen, weil diese Kosten verursachen, das kann er nicht verstehen. Außerdem hat er vor einigen Jahren selbst einen gesundheitlichen Knick erlebt durch einen Bandscheibenvorfall. Seither sieht er manches anders.

Die „Stress-Sportarten“ hat der frühere Marathonläufer aufgegeben. Der Vater zweier Kinder arbeitet nun lieber in seinem Garten oder betreibt Nordic Walking. Außerdem macht er gern Weinreisen. Sein Bruder ist Weinbauer, auch er selbst kultiviert edle Tropfen, nicht um sie zu verkaufen, sondern für Gäste seines Schlosses bei Hollabrunn. „Manager und Politiker sollen gut verdienen“, findet Gessl.

Auf einen Blick

Paul Gessl, 1961 in Hollabrunn geboren, absolvierte die Montanuniversität in Leoben. Er arbeitete auf Bohrplattformen, im Metallhandel, bevor er 2000 Geschäftsführer der NÖ Kulturwirtschaft GmbH wurde, Dachorganisation der Kultur- und Kunstbetriebe in NÖ.


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