Stefan Poledna & Georg Kopetz: Die Nasa auf der Kundenliste

Stefan Poledna Georg Kopetz
Stefan Poledna Georg Kopetz(c) (c) Hans Hochstoeger
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Unternehmertum: TTTech ist eine jener Technologiefirmen, die meist nur in Sonntagsreden der Politik vorkommen. Das aus TU-Forschungen entstandene Unternehmen beschäftigt 300 Mitarbeiter und hat Boeing, Airbus oder Audi als Kunden.

Wien. Das Auto fährt auf die Autobahn und beschleunigt auf Reisgeschwindigkeit. Doch statt, dass sich der Fahrer nun mehrere Stunden über hunderte Kilometer auf den Verkehr konzentrieren und dabei immer wieder leicht abbremsen oder beschleunigen muss, stellt er das Auto auf Autopilot. Er kann sich nun einfach entspannen oder während der Fahrt Zeitung lesen.

Dies ist keine Zukunftsvision aus den 1970er-Jahren, sondern ein ganz konkretes Ziel, auf das beim deutschen Autohersteller Audi fieberhaft hingearbeitet wird. Ein Prototyp absolvierte heuer bereits seine erfolgreiche Erstfahrt. Herzstück des Fahrzeuges ist dabei ein System, das in regelmäßigen Abständen alle zusätzlich am Fahrzeug angebrachten Sensoren überprüft und daher weiß, ob beschleunigt, gebremst oder gelenkt werden muss.

Entwickelt wurde dieses System von TTTech – einem Unternehmen, dass 1997 aus Forschungen an der TU Wien hervorgegangen ist und inzwischen bereits 300 Mitarbeiter beschäftigt – zwei Drittel davon Ingenieure.
„Unsere Systeme sorgen dafür, dass auf ein Ereignis bereits reagiert wird, noch bevor es überhaupt passiert“, erklärt Stefan Po-ledna, Vorstand von TTTech, die zeitgesteuerte Technologie, mit der sich das Unternehmen beschäftigt. So lenkt das Auto in die Kurve ein oder bremst ab, lange bevor es die Leitplanke berührt oder den Vordermann touchiert.

Was auf den ersten Blick wie eine neue Spielerei der Autoindustrie wirkt, hat einen gewaltigen wirtschaftlichen Hintergrund. Laut einer Studie der US-Unternehmensberatung McKinsey könnte durch automatisiertes Fahren jährlich eine globale Wertschöpfung von 1,4 Billionen Euro erzielt werden. „Im Stadtverkehr bringt der Autopilot das Auto bereits zum Stehen, wenn ein Mensch aufgrund der Reaktionszeit erst auf die Bremse tritt“, so Poledna.

Windkraft und Flugzeuge

Doch nicht nur in der Autoindustrie setzt man auf die zeitgesteuerte Technologie von TTTech. So entwickelte die Firma für Vestas, den globalen Weltmarktführer bei Windkraftanlagen, ein System, das dafür sorgt, dass sich Windräder in einem Windpark sofort auf neue Windströmungen ausrichten, sobald das erste Windrad von einer solchen erfasst wird. „Dies erhöht die Effizienz dieser Anlagen deutlich“, sagt der zweite Vorstand von TTTech, Georg Kopetz. Die wichtigste Kundschaft von TTTech stammt jedoch aus der Flugzeugindustrie. So sind Entwicklungen der Firma nicht nur in den Prestigeprojekten Boeing 787 und Airbus A380 zu finden. Auch die Nasa setzt auf das Wiener Unternehmen. „Im Nachfolger des Space Shuttles wird Technologie von TTTech eingesetzt“, sagt Kopetz. Der Raumgleiter soll 2014 das erste Mal fliegen. „Für uns war dieser im Jahr 2007 erfolgte Zuschlag natürlich eine super Referenz.“

Denn damals war TTTech gerade zehn Jahre alt. Erst im Dezember 1997 wurde die Firma vom Techniker Poledna, dem Juristen Kopetz und dessen Vater Hermann Kopetz gegründet. Letzterer hatte als Professor an der TU Wien bereits jahrelang zu dem Thema geforscht und blieb wissenschaftlicher Leiter der Firma. „Am Anfang waren wir fünf Leute und hatten ein Zimmer“, erinnern sich die beiden.

Auch finanziell mussten Anfangshürden übersprungen werden. Das Startkapital von einer Million Euro wurde noch zur Hälfte bei Freunden und Familie eingesammelt. Heute sind verschiedene institutionelle Investoren und Audi an TTTech beteiligt. Die Gründer halten nach wie vor 35 Prozent des Unternehmens.

Inzwischen ist die Firma nicht mehr nur technologisch führend, sondern kann dies auch in Zahlen umsetzen. So wird TTTech heuer eine Betriebsleistung von 45 Millionen Euro erzielen, 2011 waren es noch 29 Millionen.  Bis Mitte des Jahrzehnts soll dieser Wert dreistellig werden. „50 Prozent davon stecken wir wieder in Forschung und Entwicklung“, sagt Poledna.

Auch Gewinne kann TTTech bereits schreiben – wenn auch noch mit einstelliger Marge. Dennoch sind die beiden Gründer mit dem Erreichten und vor allem den Zukunftsaussichten äußerst zufrieden. „Ein Start-up bedeutet 15 Jahre harte Arbeit. Manche wollen nach drei Jahren schon Millionen machen. Das spielt es aber nicht.“

Zu den Personen

Technologie. Georg Kopetz und Stefan Poledna gründeten im Jahr 1997 zusammen mit Kopetz' Vater Hermann Kopetz TTTech. Das aus Forschungen an der Technischen Universität hervorgegangene Unternehmen ist Weltmarktführer im Bereich zeitgesteuerter Technologien.
Kunden sind unter anderem Vestas, Audi, Boeing, Airbus und die Nasa. Die Wiener Firma beschäftigt 300 Mitarbeiter und will heuer eine Betriebsleistung von 45 Millionen Euro erzielen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2013)


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