Gottfried Kirchengast: Wenn Klimaschutz zum Lebensprinzip wird

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Gottfried Kirchengast bringt Menschen und Disziplinen zusammen, um mehr über das Klima zu erfahren.
An der Uni Graz hat er dazu mit dem Wegener Center ein international beachtetes Klimaforschungsinstitut aufgebaut.

Er lebt, was er lehrt. Gottfried Kirchengast fährt jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit, kleidet sich umweltbewusst und ernährt sich biologisch. Der Physiker und Meteorologe hat mit dem Wegener Center an der Uni Graz ein Institut für Klimaforschung aufgebaut, das Forscher verschiedener Disziplinen zusammenbringt. Für sein wissenschaftliches Engagement im Klimaschutz ist er für die Wahl zum „Österreicher des Jahres“ nominiert.
Am Anfang stand die Idee, dass Klimaforschung nur fächerübergreifend bearbeitbar ist. 1992 fand der erste Erdgipfel in Rio de Janeiro statt, Mitte der 1990er folgte der erste Weltklimabericht. Der Steirer hatte damals gerade seine Dissertation verfasst und untersuchte, wie das Weltraumwetter auf die Atmosphäre einwirkt.

Zugang wie bei Humboldt

„Für mich war schnell klar, dass für das Thema Klimawandel ein breiterer Zugang, wie einst bei Humboldt, notwendig ist“, sagt der Forscher. Verständnis über die Physik der Atmosphäre allein reiche da nicht aus. „Wer sich mit dem Klima befasst, braucht auch Wissen über die wirtschaftlichen Hintergründe oder will wissen, was der Klimawandel für die Gesellschaft bedeutet.“ Und weiter: „Was passiert mit dem Boden, wenn sich das Klima ändert? Was mit den Pflanzen? Und was bedeutet das für die Ernährung der Menschen?“
In der Forschung wählte er zunächst den globalen Blick: Kirchengast beteiligte sich führend an Satellitenmissionen, mit denen der Klimawandel untersucht wird. 1996 gründete er die Forschungsgruppe „Atmosphärenerkundung und Klimasystem“: Entwickelt wurden weltweit einzigartige Systeme, etwa um Treibhausgase zu messen.
„Das war eine spannende Zeit, denn das Thema war neu in der Gesellschaft. Plötzlich wollten etwa Feuerwehren wissen, was der Klimawandel für ihre Arbeit bedeutet“, sagt Kirchengast. Und auch in der Lehre gab es zunächst kein Angebot. Der Wissenschaftler legte damals mit den Grundstein für das Studium der Umweltsystemwissenschaften, eine Verbindung aus Natur- und Sozialwissenschaften, das heute an der Uni Graz 1500 Studierende zählt.

Eigene Forschungseinrichtung

Als sich Kirchengast mit nur 30 Jahren habilitierte, folgten bald Perspektiven für Professuren im In- und Ausland. Kirchengast entschied sich für Graz, wo man ihm die Möglichkeit bot, eine eigene Einrichtung für Klimaforschung aufzubauen. 2005 begründete er das Wegener Center für Klima und Globalen Wandel. Dort versammelte er relevante Disziplinen: Heute arbeiten hier Forschungsgruppen aus Geo- und Klimaphysik, Meteorologie, Volkswirtschaftslehre, Geografie und Regionalforschung zusammen. Zusätzlich sind mehr als 300 Grazer Wissenschaftler in einem gemeinsamen Forschungsschwerpunkt vernetzt. Im Aufbau ist außerdem ein „Klimaservicezentrum“, wo sich Interessierte zu Klimafragen informieren können.
Kirchengast bewegt nicht nur beruflich viel, sondern bleibt selbst gern in Bewegung. „Anstellen muss man sich bei mir nicht, ich gehe gern selbst zu meinen Kolleginnen und Kollegen.“ So manche Besprechung am Wegener Center findet im Freien statt. „Im Sommer setzen wir uns einfach in den Garten.“ In Bewegung bleibt er aber auch privat: Erst kürzlich ist er mit seinem Sohn 6,4 Kilometer durch den Millstättersee geschwommen.

Zur Person

Gottfried Kirchengast (49) studierte Physik, Geophysik und Metereologie an der Uni Graz. 1998 erhielt er mit dem vom Wissenschaftsfonds FWF verliehenen START-Preis die höchste Auszeichnung für Nachwuchsforscher in Österreich. 2003 wurde er zum Professor für Geophysik der Uni Graz berufen. Seit 2005 leitet er das von ihm begründete Wegener Center für Klima und Globalen Wandel. Seit 2008 ist er Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.


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