Nadine Schüller

Die Winzerin als Visitenkarte der Region

(c) Steve Haider
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Ländliche Entwicklung. Nadine Schüller betreibt mit ihrer Schwester das Weingut Schüller. Dass sie immer noch als Exotin in einer Männerdomäne gilt, stört sie nicht.

Pillersdorf. Manchmal ist weniger tatsächlich mehr. So war das etwa auch beim Werdegang der jungen Winzerin Nadine Schüller. Sie ist sich heute sicher: Hätten sie ihre Eltern damals dazu gedrängt, ebenfalls Winzerin zu werden, sie wäre es niemals geworden. Ähnlich dürfte es auch ihrer Schwester Kerstin ergangen sein. Heute führen die beiden Töchter das 16 Hektar große Weingut, Mutter Helga unterstützt sie.
„Meine Eltern haben immer gesagt: Überlegt euch gut, was ihr machen wollt, und macht, was euch Spaß macht“, sagt die 26-jährige Winzerin heute. Und: „Mir war gar nicht klar, dass ich Winzerin werden wollte, im Gegenteil, ich habe alles ausprobiert, aber ich bin step by step hineingerutscht, bis ich irgendwann mit im Boot gesessen bin.“ Heute sei sie Winzerin mit Leib und Seele. Der frühe Tod ihres Vaters vor sieben Jahren hat wohl auch dazu beigetragen, dass sie rasch Verantwortung übernehmen musste.

Heute ist sie stolz darauf, Winzerin zu sein. „Gerade im Retzer Land müssen viele nach Wien pendeln, weil es arbeitstechnisch nicht anders geht. Umso stolzer bin ich, dass ich hier in der Umgebung arbeiten darf.“ In einem Familienbetrieb zu arbeiten, sei nicht immer leicht. Seit 2015 führen die Schwestern den Betrieb. „Die Grenze zwischen Familie und Arbeit ist oft fließend, aber es ist wichtig, sie zu ziehen.“ Eine strenge Arbeitsteilung sei unerlässlich, auch wenn bei der Lese alle mithelfen müssen. Kerstin ist für das Vinifizieren und den Wein zuständig, Nadine für das Büro, den Ab-Hof-Verkauf und Verkostungen. Mutter Helga Schüller unterstützt die beiden, wo es notwendig ist. „Unser jugendlicher Leichtsinn gepaart mit der Erfahrung meiner Mutter ergibt ein schönes Miteinander.“ Manche Ideen der beiden, die die Mutter für unrealistisch hält, haben sich dann als durchaus brauchbar erwiesen.

Überhaupt antwortet Schüller auf die Frage, was es denn für die ländliche Entwicklung brauche, ohne lange nachzudenken: „Eine gewisse Offenheit auch gegenüber Veränderungen.“ Und ein Umdenken hinsichtlich der Wertigkeit der Produkte. „Dass man sich eben nicht ärgert, wenn ein Traktor vor einem fährt, sondern man froh ist, weil man dadurch weiß: Hier entstehen Lebensmittel.“ Für sie sind Winzer und Bauern die Visitenkarten der Region. „Wir sind ein wichtiger Bestandteil für die Umgebung, das merkt man auch am Tourismus.“

Als junge Winzerin habe sie für viele ihrer Kollegen immer noch etwas Exotisches. „Die Weinwelt ist nach wie vor eine Männerdomäne, aber es macht auch Spaß, da herauszustechen.“ Bei Winzerversammlungen werde ihr das besonders bewusst, wobei sie sich von der Kollegenschaft akzeptiert fühle. Selbst im Weinkeller agiert bei den Schüllers ein reines Frauenteam. „Dank der neuen Technik ist es uns möglich, auch schwere Tätigkeiten selbst zu erledigen“, sagt Schüller. Ihre Weine bezeichnet sie als fruchtig-harmonisch. Natürlich produzieren die Schüller-Frauen auch komplexe Weine für geschulte Gaumen. Hauptaugenmerk liegt aber auf leicht trinkbaren Weinen, die als perfekte Speisebegleiter funktionieren. (ks)


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