Humanitäres Engagement

Eva Grabherr: „Konflikte dürfen nicht gescheut werden“

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Die Arbeit mit Menschen aus unterschiedlichen Kulturen bezeichnet Eva Grabherr als ihr „Lebensthema“. Sie leitet eine Kompetenzstelle in Dornbirn und ist in der Kategorie Humanitäres Engagement als Österreicherin des Jahres nominiert.

Wien. Ihre erste große Herausforderung im Berufsleben war gleich der Aufbau des 1991 gerade neu gegründeten Jüdischen Museums Hohenems. „Das Zusammenleben von Menschen, die kulturell verschieden sind bzw. sich als kulturell verschieden wahrnehmen, ist ein Lebensthema von mir“, sagt die Judaistin und Historikerin Eva Grabherr, die in Innsbruck, Wien und London studiert hat. „Dieses Thema spielt auch in meiner Arbeit für ,okay.zusammen leben‘ eine wichtige Rolle.“

Grabherr ist Geschäftsführerin der Projektstelle für Zuwanderung und Integration, einer landesweit agierenden Wissens- und Kompetenzstelle für Migrations- und Integrationsfragen in Vorarlberg, die sie 2001 mitbegründet hat. Sie ist in der Kategorie Humanitäres Engagement als Österreicherin des Jahres nominiert. Die Projektstelle in Dornbirn mit dem Verein Aktion Mitarbeit als Rechtsträger definiert Integration als Lern- und Veränderungsprozesse. „Für Menschen, die in unser Land kommen. Für Menschen in Institutionen und Feldern, die diese Menschen und Integrationsprozesse begleiten. Für Menschen, die diese Veränderungsprozesse erleben und sich auch manchmal schwertun“, sagt Grabherr. „Wir verstehen uns als Promotor und Kurator für eine lernende Region hinsichtlich Integration und Zusammenleben. Wir wissen, dass ankommen, sich eingliedern und aufsteigen in einer neuen Gesellschaft mit großer Anstrengung verbunden ist, die zugemutet werden, zum gesamtgesellschaftlichen Nutzen aber auch unterstützt werden muss.“

Integrationsprozesse seien nun einmal mit gesellschaftlichen Konflikten verbunden, und diese dürften nicht gescheut werden. „Wir sind davon überzeugt, dass sie uns weiterbringen. Dafür arbeiten wir in zahlreichen Programmen – in Kooperation mit anderen Organisationen. Nicht, damit unsere Organisation, sondern die Integrations- und Diversitätskompetenz der Gesellschaft wächst.“ Bereits vor mehr als 15 Jahren unterstützte „okay.zusammen leben“ Gemeinden, niederschwellige Sprach- und Orientierungskurse für Frauen aufzubauen und sie somit auch an andere Angebote der Gemeinde heranzuführen. Vor zwölf Jahren wurde ein Programm für die frühe Sprachbildung von Kindern gestartet und dabei wurden Angebote für Eltern und Pädagogen entwickelt. 2012 wurde der islamische Friedhof in Vorarlberg eröffnet: kommunal getragen, aber umgesetzt mit Moscheevereinen.

„Von und für Österreich wünsche ich mir in der Zukunft, dass wir die Sündenbockstrategiepolitik nicht weiter vorantreiben“, sagt Grabherr. Eine geordnete Migration, die Integration der Flüchtlinge, die 2015 und 2016 nach Österreich gekommen sind, die Etablierung des Islam als neue Religionsgemeinschaft in Österreich – das alles seien große Herausforderungen. „Diese Themen und Gruppen sind aber nicht ,die Mutter‘ aller gegenwärtigen Herausforderungen und Probleme. Solche Zuspitzungen nehmen uns die Energie für real wirksame Lösungen, sie verschärfen das gesellschaftliche Klima und werden der großen Integrationskraft, die Österreich immer wieder bewiesen hat, nicht gerecht.“ (kb)


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