Quizzeit

Nach einem Fernseh-Quizduell stirbt eine junge Frau. Wurde sie wegen einer falschen Antwort ermordet?

Lösen Sie den Fall
Wer war der Mörder?

Otto, wie heißt die Kreuzung zwischen Golden Retriever und Pudel?“ „Wie?“ Oberinspektor Otto Doblhofer sah von dem Krimi auf, in dem er las. „Was für eine Kreuzung?“

Seine Gattin wiederholte die Frage und fügte hinzu: „Ich schau mir gerade diese neue Quizsendung bei diesem Wiener Privatsender an, bei der man eine halbe Million Euro gewinnen kann. Da spielt ein Fünferteam ums Geld, wobei aber bei jeder Frage einer der fünf gegen die übrigen vier spielt. Die vier beraten über die richtige Antwort und einigen sich auf eine. Der Solospieler, der währenddessen einen Kopfhörer und eine Augenbinde hat und daher nicht weiß, zu welchem Schluss die anderen Spieler gekommen sind, wird dann vom Moderator gefragt, wie er die Frage beantworten würde. Sobald er sich festgelegt hat, wird ihm die Antwort des Teams mitgeteilt, und er hat dann die Möglichkeit, sich entweder der Antwort des Teams anzuschließen, dann wird der Gewinnbetrag für diese Frage durch fünf geteilt, oder aber die Antwort des Teams auf seine zu korrigieren. Ist sie richtig, streift er die Gewinnsumme allein ein.“

„Lass mich raten: Und wenn sie falsch ist, verlieren alle alles.“ „Genau. Und jetzt, vor der Werbung, war eben die Frage, wie die Kreuzung zwischen den beiden Hunderassen lautet. 500.000 Euro stehen auf dem Spiel. Die vier vom Team haben sich für Goldendoodle entschieden, die Solospielerin meint allerdings, Poodletriever ist die richtige Antwort. Ob sie noch umschwenkt, entscheidet sich nach der Werbung.“

Diese war nach gut zehn Minuten zu Ende. Doblhofer setzte sich zu seiner Frau vor den Fernseher und konnte daher miterleben, wie die Solospielerin – eine gut 25 Jahre alte Frau namens Anna – beschloss, dass ihre Antwort gelten sollte. „Ich weiß das, ich hab selbst einen Retriever zu Hause.“ Die Kamera fing das entsetzte Gesicht eines ihrer vier Mitspieler ein. Als Anna die Antwort auch noch einloggte und der Moderator wenig später verkündete, dass die Antwort falsch war und die des restlichen Teams richtig gewesen wäre, verwandelte sich das Entsetzen im Gesicht des Mannes in blanken Hass. „Wenn Blicke töten könnten, würde sie jetzt tot umfallen“, bemerkte Frau Doblhofer.

Wenige Stunden später erfuhr Oberinspektor Doblhofer, dass zwar nicht Blicke, aber würgende Hände töten konnten. Nicht weit vom Studio entfernt war Annas Leiche gefunden worden. „Wir überprüfen soeben das Alibi ihrer vier Quizkollegen, insbesondere das von diesem Marco mit dem mordlüsternen Blick“, erklärte Inspektor Pichler seinem Chef. „In der Kantine ist es nach der Sendung zu einem Schreiduell zwischen ihr und Marco gekommen, worauf sie die Kantine verlassen hat und zum Produzenten gegangen ist. Dieter Stolberg. Wir haben noch nicht mit ihm sprechen können, er kommt erst in einer halben Stunde in sein Büro.“

30 Minuten später betrat Doblhofer das Büro des Quizsendungsproduzenten. Als er erfuhr, dass Anna ermordet worden war, wirkte er ehrlich erschüttert. Auf die Frage, was Anna nach der Sendung bei ihm gewollt hatte, antwortete er: „Sie hat mir gesagt, dass sie sich vor diesem Quizkollegen fürchtet, dass sie glaubt, er könne ihr etwas antun.“

Doblhofer nickte. „Verständlich. Immerhin hat er durch ihre falsche Antwort 100.000 Euro verloren, und es ist schon wegen geringerer Beträge gemordet worden.“ „Ja. Schon als ich seinen Blick sah, als sie die falsche Antwort einloggte, habe ich mir gedacht: Der würde sie jetzt am liebsten erwürgen. Jetzt hat er es offenbar tatsächlich getan . . .“ Quizkandidat Marco leugnete erwartungsgemäß, seine Kollegin Anna ermordet zu haben. „Natürlich hatte ich eine Mordswut auf sie“, gab er zu, „wo ich mir unserer Antwort ja tausendprozentig sicher war!“ Den Streit in der Kantine leugnete er nicht, behauptete aber, nach einigen Bieren und Schnäpsen heimgefahren zu sein. „Sie können mir jetzt den Führerschein dafür abnehmen, aber einen Mord lass ich mir nicht anhängen.“

Anna hatte noch bei ihren Eltern gewohnt. Als Doblhofer zu dem Haus ging, wurde er im Garten von einem Cockerspaniel angebellt. „Komisch“, sagte Doblhofer zu sich selbst. „Sagte sie in der Sendung nicht, sie habe einen Retriever?“ Die gebrochenen Eltern führten den Polizisten in Annas Zimmer, wo er sich umsah. Einige Zeitungsausschnitte hingen an einer Pinnwand. „Ist das da Anna?“, wies Doblhofer auf einen Zettel, der Anna mit Barbara Karlich zeigte.

„Ja, da war sie Gast in der Karlich-Show zum Thema ,Mein Lover ist doppelt so alt wie ich und verheiratet, na und?‘.“ „Und hier?“ „Da ist sie in einer Quizsendung des NDR, ich weiß nicht mehr, wie sie heißt.“ „Und das da – mit den kurzen Haaren, sodass man sie kaum erkennt –, ist sie das auch?“ „Ja. Da war sie in einer Talkrunde bei RTL.“

Schließlich rückten Annas Eltern mit der ganzen Wahrheit heraus. Anna verdiente ihr Geld damit, in Talkshows aufzutreten und „etwas Leben in die Bude zu bringen“, wie Annas Vater es ausdrückte. Eine Agentur vermittelte sie auch an Quizsendungen. „Wobei sie da noch nie etwas gewonnen hat“, sagte der Vater weiter. „Sie ist zwar immer recht weit gekommen, aber bei der letzten Frage hatte sie dann immer Pech.“

Doblhofer suchte den Produzenten der Quizshow nochmals auf. „Sie haben Anna als Quizkandidatin gekauft“, hielt er ihm vor. „Ihre Aufgabe war es, bei der letzten Frage absichtlich die falsche Antwort zu geben, damit die 500.000 Euro für die Kandidaten verloren gingen und Ihnen blieben. Aber Sie hatten die Rechnung ohne Anna gemacht. Sie ging nach der Sendung zu Ihnen; nicht weil sie sich vor Marco fürchtete – was hätten Sie auch dagegen unternehmen können? –, nein, Sie wollte Geld. Schließlich hatte sie Ihnen gerade eine halbe Million Euro erspart, und da wollte sie auch etwas davon haben. Aber Sie spielten nicht mit. Anna hätte ein Fass ohne Boden werden können. Und daher brachten Sie sie um.“ „Eine interessante Theorie, Herr Inspektor“, sagte Stolberg. „Haben Sie dafür auch Beweise?“


Kann Doblhofer Stolberg nachweisen, dass er sich verraten hat?


Lösung der vergangenen Woche:

Der Bodenleger hat den Laptop gestohlen. Er wusste, dass es sich dabei um eine japanische Marke handelte, obwohl das ihm gegenüber niemand erwähnt hatte.

Der Autor

Harald Mini
lebt in Linz und arbeitet als Richter. Neben juristischer Fachliteratur schreibt er u.a. Satiren („Männer beim Friseur“ und „Goldhauben für Sibirien“) und Krimis (u.a. zwei ORF-„Tatort“-Krimis) und erfindet Kinderspiele. Im Leykam-Verlag sind die Thrillersatiren „Der Da Linzi-Code“ und „Innominati“ erschienen.

krimiautoren.at
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2016)

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