Der Donald Trump aus Eisenstadt

ANGELOBUNG VON LH NIESSL: FAYMANN /NIESSL
ANGELOBUNG VON LH NIESSL: FAYMANN /NIESSLAPA/ROLAND SCHLAGER
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Mit Hitzeopfern wie dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Niessl muss man vorsichtig umgehen: Sie brauchen viel Ruhe und Flüssigkeit. Wenn sie wirre Dinge sagen, einfach ignorieren. Oder?

Dieses Land und seine Politiker scheinen für wochenlange Temperaturen jenseits der 30 Grad leider nicht geschaffen zu sein. Heinz-Christian Strache fabuliert im Zusammenhang mit dem Alkohol- und Verkehrsunfall Jörg Haiders von „Mord“.

Burgenlands Hans Niessl und sein FPÖ-Vize, Hannes Tschürtz, bringen eine Volksbefragung in ihrem Bundesland ins Spiel, die über die Aufnahme von Flüchtlingen entscheiden soll, auf die sich das Burgenland 2004 vertraglich verpflichtet hat. Dieser Vertrag ist dem Bundesland nämlich egal. Und nun wollen die rot-blauen Brüder auch das Bundesgesetz verhindern, das dem Bund die Möglichkeit gibt, den bestehenden Vertrag auch gegen den Widerstand der Länder umzusetzen. Was die anderen Länder mehr oder weniger begeistert immerhin unterstützen. Nur das Burgenland nicht.

Drei Bundesländer erfüllen die Quote, vier Bundesländer mit grüner Regierungsbeteiligung (Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Oberösterreich) übrigens nicht. Das Burgenland schafft am wenigsten, auch wenn Niessl nun Flüchtlinge entdeckt haben will, die vom Innenministerium in hinterhältiger Weise nicht gezählt worden wären.

Hans Niessl war früher der Langweiler in der Riege der Landeshauptleute, schon seit einiger Zeit gibt er nun den Asyl-Clown. 2010 verhinderte er ein Erstaufnahmezentrum im südburgenländischen Eberau mittels Kampagne und „Volksbefragung“. Er forderte schon einmal den Assistenzeinsatz des Heeres an der Grenze – trotz Schengen. Nun schlägt er – vernünftiger – den humanitären Hilfseinsatz vor. (Oder hat er vielleicht doch wieder den Grenzeinsatz gemeint?) Dass er den Wahlkampf seines Kollegen Michael Häupl stört, scheint ihn nicht weiter zu stören. Der Wiener Bürgermeister bleibt sogar noch höflich: Niessl sei „ein Sozialdemokrat, der halt jetzt den Fehler gemacht hat, in eine Regierungszusammenarbeit mit den Freiheitlichen zu gehen“. Und: „Ich hoffe, er wird nicht angesteckt.“ Fragt sich nur, wer da wen ansteckt.

Innerhalb der SPÖ nimmt die Kritik an Niessl zu. Wie umstritten der Burgenländer ist, zeigt das Ausschlussverfahren des Bundes Sozialdemokratischer Freiheitskämpfer: Niessl kam dem zuvor und trat schnell aus. In seinem Schreiben verteidigte er trotzig noch einmal die rot-blaue Zusammenarbeit: „Der Auffassung zu sein, dass man niemals und unter keinen Umständen mit einer demokratisch gewählten und somit vom Volk legitimierten Partei, in diesem Fall der FPÖ, zusammenarbeiten könne bzw. dürfe, halte ich für einen zu überdenkenden Ansatz.“ Und wieder einen Mitgliedsbeitrag gespart.

Niessl sollte sich dieser Tage ein paar historische Fakten in Erinnerung rufen, die in den sozialen Medien geteilt werden. (Niessl teilt lieber Strandfotos.) Tausende Burgenländer mussten vor rund 100 Jahren als Wirtschaftsflüchtlinge in US-Städte wie Chicago auswandern, wo sie aufgenommen wurden. (Was wir heute mit Wirtschaftsflüchtlingen schon aufgrund der hohen Zahl an politischen Flüchtlingen nicht machen können und dürfen.)

Vor allem aber: Es war und ist die Solidarität anderer Bundesländer, die das Burgenland mittels Quersubventionierung in den vergangenen Jahrzehnten kofinanzierte. Das Burgenland war immer ein Nettoempfänger, der von der freundlichen Unterstützung von Ländern wie Tirol, Vorarlberg und Oberösterreich profitierte. Das Burgenland hat aus dem EU-Beitritt den verhältnismäßig größten finanziellen Vorteil gezogen.

Vielleicht wäre es einmal an der Zeit, das zu überdenken, seinen Partnern und Wählern diese schönen pekuniären Goodies ein wenig schwerer zugänglich zu machen.

In den USA ist es Donald Trump, der beim Thema Flüchtlinge („Wir müssen eine Mauer bauen. Und sie muss schnell gebaut werden“) mit halb originellen Vorschlägen aufwartet. Wir haben dafür Hans Niessl.

Heinz-Christian Strache kann sich also getrost wieder freinehmen und endlich den Mordfall Jörg Haider lösen.

rainer.nowak@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2015)

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