Mieten/ Wohnen - 3: Leistbares Wohnen: Die Ideologie steht Lösungen im Weg

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Wiener Sykline(c) Clemens Fabry / Die Presse
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Käufer und Neumieter müssen tief in die Tasche greifen. Nun streitet man, ob Vermieter oder Altmieter schuld sind.

Günstig ist Wohnen in Österreich nicht mehr. In keinem anderen Euroland haben sich Wohnungen zwischen Anfang 2007 und Mitte 2013 so stark verteuert wie hier: In diesem Zeitraum kletterten die Preise für Wohnungen um 39 Prozent. Vor allem in Wien war der Preisauftrieb mit 80 Prozent extrem hoch, wie eine Erhebung der Nationalbank auf Basis von Daten der TU Wien zeigt. Ein Teil des Anstiegs gilt als fundamental gerechtfertigt (es gibt Zuzug in die Ballungszentren, mehr Singlehaushalte und steigenden Quadratmeterbedarf pro Person).
Auch die Mieten ziehen nach, wenngleich nicht im gleichen Ausmaß wie die Preise. Das führt zu einer paradoxen Situation: Während sich Käufer von Vorsorgewohnungen mit immer geringeren Renditen zufriedengeben müssen, also das Vermieten immer weniger abwirft, müssen Mieter tiefer in die Tasche greifen. Im Mai lag die allgemeine Teuerungsrate bei 1,8 Prozent, die Monatsmieten sind doppelt so stark gestiegen.

Neue Mieter zahlen mehr


Im Detail zeigt sich ein differenziertes Bild: Es sind vor allem Neumieter, die hohe Mieten zahlen. Wer bereits einen Mietvertrag hat, dessen Miete wird im Regelfall nicht stärker als im Ausmaß der Inflationsrate angehoben – die Kluft zwischen Alt- und Neumieten geht daher weiter auf. Auch Kündigungen sind schwierig – weswegen viele Vermieter neuen Mietern nur befristete Verträge gewähren – was junge Wohnungsuchende gegenüber Alteingesessenen noch einmal schlechter stellt.
Die Regierung hat sich vorgenommen, Wohnen leistbar zu machen. Passiert ist freilich wenig. Zum einen, weil der Einfluss der Politik auf die Preise begrenzt ist: Wenn es Zuzug gibt und Wohnraum knapp ist, steigen die Preise. Dass man mit einer Steigerung des Angebots (mehr Neubau) gegensteuern könnte, ist unumstritten. Umstritten ist jedoch, wie das passieren soll, also über mehr geförderten Wohnbau, eine Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbaufördermittel (die von den Ländern teilweise für andere Zwecke verwendet werden) – oder über eine Begünstigung von privaten Investitionen.
Einigkeit herrscht zumindest darin, dass es eines einheitlichen, transparenteren Mietrechts bedarf. Derzeit gibt es ein Mietrechtsgesetz, dessen Bestimmungen zu Mietobergrenzen und Kündigungsschutz nur im privaten Altbau volle Geltung haben. Im frei finanzierten Neubau gelten nur die Bestimmungen zum Kündigungsschutz. In Einfamilienhäusern finden nicht einmal diese Anwendung; dort gibt es nur dann einen Kündigungsschutz, wenn im Mietvertrag ein solcher vereinbart wurde. Für geförderte Wohnungen gelten überdies andere Bestimmungen. Auch gibt es Ausnahmen, etwa für sehr große Wohnungen, An- und Zubauten, Zweitwohnsitze. Ein transparenteres Mietrecht scheitert jedoch auch an der Frage, ob es auch im Neubau striktere Mietobergrenzen geben sollte – oder im Altbau lockerere. Indes reiben sich Rechtsanwälte die Hände angesichts der zahlreichen Streitfälle (etwa in welchem Anwendungsbereich der Vermieter und in welchem der Mieter für eine neue Therme aufkommen muss).
Öffentlich diskutiert werden vor allem die Zuschläge zum Richtwert im privaten Altbau. Davon ist nur eine Minderheit der österreichischen Haushalte betroffen. Die Mehrheit wohnt hierzulande in den eigenen vier Wänden, vor allem auf dem Land. In Wien lebt ein Großteil der Mieter in geförderten Wohnungen und Gemeindebauten, ein Teil in frei finanzierten Wohnungen. Teilweise orientieren sich auch ihre Mieten am Richtwert, aber nicht immer. Richtwertmieten zahlt man in privaten Eigentumswohnungen mit einer Baubewilligung vor 1945 oder Zinshäusern mit einer Baubewilligung vor 1953 bei Mietverträgen, die nach 1994 abgeschlossen wurden. Dabei ist der Richtwert von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich hoch. Zuschläge gibt es vor allem in Wien (wo der Richtwert mit 5,39 Euro pro Quadratmeter am zweitniedrigsten ist). Von einer Deckelung der Zuschläge mit 20 Prozent des Richtwerts wären also nur wenige betroffen.

Helfen Mietobergrenzen?


Umstritten ist, ob die Politik durch direkte Eingriffe Wohnen leistbarer machen kann. Während die Befürworter von solchen Maßnahmen argumentieren, durch eine Beschränkung der Mietpreise würde man auch die Eigentumspreise ausbremsen, da sich hohe Preise dann nicht mehr rentieren würden, warnen Gegner vor hohen Ablösen, die in einem solchen Fall – legal oder illegal – fließen würden. Zudem würden sich Investitionen in den Wohnbau noch weniger rechnen.
Fazit: Wohnen ist hierzulande noch leistbar. Angesichts ideologischer Differenzen tut sich die Politik aber schwer, Lösungen zu finden, damit das so bleibt.

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