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Der wildeste Zeichenlehrer aller Zeiten: Drahdiwaberl-Chef Stefan Weber ist tot

++ ARCHIVBILD ++ 'DRAHDIWABERL'-GRUeNDER STEFAN WEBER
++ ARCHIVBILD ++ 'DRAHDIWABERL'-GRUeNDER STEFAN WEBERAPA/GUENTER R. ARTINGER
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Stefan Weber, Gründer und Chef der aktionistischen Band Drahdiwaberl, ist im Alter von 71 Jahren an der Parkinson-Krankheit gestorben. Ein Nachruf.

"Ein Grunzerl aus dem Graberl – Drahdiwaberl": Mit diesem Slogan warb Stefan Weber, damals Student an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, im Jahr 1970 für sein Ensemble, das er, wie er später sagte, „zur extremsten und obszönsten Band machen“ wollte. Zumindest in den Siebzigerjahren funktionierte das gut: Bei Drahdiwaberl gab es Sex und (angedeutete) Gewalt auf der Bühne, es wurde mit Fleisch und Blut geworfen, Politiker und "Spießer" wurden herzhaft beleidigt, Ausgaben der „Kronen Zeitung“ demonstrativ verrissen. All das zu einer soliden musikalischen Basis: So chaotisch es auf der Bühne zuging, so ausgefeilt waren die Arrangements, denen man das Vorbild Frank Zappa oft anhörte. Das war der Punkgeneration natürlich suspekt, und Weber wusste das: Als „Boring Old Fart“ verspottete er sich selbst auf dem ersten Album von „Drahdiwaberl“, dem 1981 erschienenen „Psychoterror“, auf dem sich auch bis heute vergnügliche Spottstücke wie „Ausgeflippter Lodenfreak“ fanden. Und „Ganz Wien“, gesungen von einem jungen Mann, der sich Falco nannte und optisch aus der Freaktruppe deutlich hervorstach . . .

Stefan Weber, der auch einen ganz eigenen, von makabren Obsessionen geprägten Zeichenstil hatte, war damals bereits als Lehrer für bildnerische Erziehung und Werkerziehung im Schuldienst, das blieb er auch 30 Jahre lang, bis ihm die parkinsonsche Krankheit das unmöglich machte. Im Song "Plöschberger" (1983) persiflierte er sich selbst als von einem renitenten Schüler geplagten Lehrer. Einen Hit hatten Drahdiwaberl skurrilerweise mit dem Song "Heavy Metal Holocaust", der von so manchen Metal-Fans, die ähnliches von ihren Bands kannten, offenbar nicht als Parodie erkannt wurde. In die Charts kam auch das tränennasse „Lonely“ mit Lukas Resetarits, in dem es über Weber hieß: "Pornojäger jagen ihn. Von Falco und allen guten Geistern verlassen."

Tatsächlich wurde Weber 2003 vor Gericht geladen, weil er im Rabenhoftheater bei der Performance „Schurkenstaat Irak“ mit zwei Faustfeuerwaffen und einem Colt (natürlich mit Platzpatronen geladen) aufgetreten war. Zum Prozess erschien er mit „Hofer“-Plastiksackerl über dem Kopf und erklärtem, dass er beim Song „Supersheriff“ seit 20 Jahren herumballere. Er wurde freigesprochen. Damals galten seine Drahdiwaberl bereits als legendär und fanden sich nur mehr von Zeit zu Zeit zum jeweils „letzten Konzert“ – mit Geschmacklosigkeitsgarantie – zusammen. 2008 porträtierte Klaus Hundsbichler im Dokumentarfilm „Weltrevolution“ ihr „Orgien-Mysterien-Kasperltheater“, wie die „Presse“ respektlos schrieb. 2013 sah man Weber bei den Festwochen noch ein wirklich letztes Mal auf der Bühne, im Rollstuhl und schwer gezeichnet von seiner Krankheit, aber unverändert zu Selbstironie bereit: „High sein, frei sein, amoi muass vorbei sein“, riefen seine Drahdiwaberl. Nun ist ihr Mastermind Stefan Weber, der wildeste Zeichenlehrer aller Zeiten, im Alter von 71 Jahren gestorben.

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