Brandstetter: "Werden Gerichtsgebühren senken"

BRANDSTETTER
BRANDSTETTER(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
  • Drucken

Der Justizminister kündigte in Alpbach an, die im
internationalen Vergleich hohen Gebühren für Gerichtsverfahren zu reduzieren.

Es passte nicht direkt zum Thema der Nachmittagsveranstaltung, ließ aber die bei den Rechtsgesprächen versammelten Juristen aufhorchen: „Wir werden bei den Gerichtsgebühren Reduzierungen, Umschichtungen vornehmen", sagte Justizminister Wolfgang Brandstetter am Mittwoch. „Die Gesamtbelastung soll und wird tendenziell sinken."

Die Gerichtsgebühren sind in Österreich verglichen mit anderen Ländern sehr hoch und nach oben offen. Bei einem Streitwert von 100 Millionen Euro, der im unternehmerischen Bereich bald einmal erreicht sein kann, kostet allein das Verfahren in erster Instanz mehr als 1,2 Millionen Euro. Die Rechtsanwaltschaft ist wiederholt für eine Deckelung der Gebühren eingetreten.

Wandert das Recht aus?

Gerade im unternehmerischen Bereich machen zunehmend privat vereinbarte Schiedsgerichte der staatlichen Gerichtsbarkeit Konkurrenz. „Wandert das Recht aus dem Staat aus?", war deshalb die Frage, die im Erwin-Schrödinger-Saal diskutiert wurde.

„In den letzten Jahrzehnten hat es in der Tat eine explosionsartige Vermehrung der Schiedsverfahren gegeben", sagte Paul Oberhammer, Professor für Zivilverfahrensrecht an der Universität Wien und ab Oktober Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. In der Mehrzahl großer internationaler Wirtschaftstransaktionen sei die Schiedsgerichtsbarkeit das Mittel der Konfliktregelung. Neben dem Tempo und der Sachkunde der von den Streitparteien ausgewählten Schiedsrichtern gilt auch die grenzüberschreitende Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen als großer Vorteil der „Commercial Arbitration". So sind Schiedssprüche aus den USA auch in Österreich vollstreckbar, während amerikanische Gerichtsentscheidungen hier nicht zwangsweise durchgesetzt werden können. Dasselbe gilt in umgekehrter Richtung - Österreich ist übrigens weltweit unter den Top Ten der Staaten, die üblicherweise als Austragungsorte von Schiedsverfahren gewählt werden.

Verzicht freiwillig und bewusst

Minister Brandstetter hat keinen Einwand gegen den verstärkten Einsatz von Schiedsgerichten, solange nur ein paar Grundbedingungen erfüllt sind: Die materiellen und formellen Regeln, nach denen entschieden werde, dürften nicht in Widerspruch zu den Grundwerten des Staates stehen, der Verzicht auf die staatliche Konfliktregelung muss freiwillig und bewusst erfolgen, und das ganze System bedürfe eines soliden Fundaments in Gestalt der staatlichen Gerichtsbarkeit. Diese steht notfalls zur Kontrolle bereit, ob Schiedsverfahren korrekt abgelaufen sind, und sie ordnet am Ende auch die zwangsweise Umsetzung von Schiedssprüchen an.

Brandstetter wies auf die Vorteile hin, die Alternativen zu Gerichtsverfahren auch in anderen Bereichen hätten: Etwa bei der Familiengerichtshilfe, die in 30 Prozent der Fälle den Streitparteien Prozesse erspare, oder bei der Diversion, die reuige Verdächtige vor Strafverfahren bewahre. Aber keine Sorge, so Brandstetter in Anspielung auf den Fall des Formel-1-Bosses Bernie Ecclestone, der sich in Bayern um 100 Millionen Dollar freigekauft hat: „Bei uns ist der Rahmen enger gesteckt als in Deutschland; die Causa Ecclestone wäre hier nicht möglich."

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Home

„In Alpbach sollte man bisschen drüberschweben"

Mittwochabend luden Rechtsanwälte, Notare und das Justizministerium zu einem Empfang in den Alphof. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter ließ mit einem großen Korb Äpfel grüßen.
Home

Plädoyer für das Gewaltmonopol des Staates

Justizminister Brandstetter warnt vor zunehmender Gewaltbereitschaft von Demonstranten.
Kirchhof
Home

Recht statt Rechenstift: Gegen Macht des Geldes

Im Erwin-Schrödinger-Saal geht es heute um die Frage, ob uns das Recht oder die Wirtschaft steuert. Der deutsche Höchstrichter Kirchhof appelliert dazu, mit dem Recht einer nur noch monetären Steuerung entgegenzuwirken.
Clemens Jabloner
Recht allgemein

Suche nach dem Recht im GPS-Modus

Juristen drohen Systemverständnis zu verlieren, warnt Ex-VwGH-Präsident Jabloner.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.