"Die Banken haben etwas verschlafen"

Valentin Stalf
Valentin Stalf(c) Katharina Roßboth
  • Drucken

Valentin Stalf vom Finanz-Startup Number26 glaubt an Kontoeröffnungen in acht Minuten und hält den Gang zur Bankfiliale für Geschichte.

Die Presse: Gestern plünderten Hacker 225.000 Apple-Konten. Bei Bankgeschäften ist Sicherheit oberste Priorität. Wie will Number26 solche Vorfälle verhindern?

Valentin Stalf: Es gibt bei allen Technologien, ob jetzt die von Apple oder die der traditionellen Banken, immer ein gewisses Risiko, dass jemand mit viel Aufwand an Kundendaten kommt. Aber die IT-Architektur unseres Produkts verhindert, dass jemand an eine größere Menge Kundendaten auf einmal gelangt. Wir können außerdem auf den heutigen technischen State of the Art zurückgreifen. Wenn man, wie traditionelle Banken, IT-Systeme hat, die 30 Jahre alt sind, birgt das ein größeres Risiko. Insgesamt denke ich, ist Online Banking trotzdem sicherer, als beim Bankomaten Geld abzuheben und dieses dann in der Brieftasche herumzutragen.


Was macht Number26 besser als traditionelle Banken?

Wir haben versucht, das Privatkundengeschäft von Grund auf neu zu gestalten. Man kann unser Konto in acht Minuten eröffnen ohne irgendein Papier auszufüllen und bekommt sofort IBAN und BIC zugesendet. Ein traditioneller Kontoeröffnungsprozess dauert rund eineinhalb Stunden. Die junge Generation hat da einen ganz anderen Zugang: Die meisten haben viel tun und die Zeit in der Bank ist für sie sicher nicht das Highlight des Tages. Unser zweiter Vorteil ist, dass wir Echtzeit-Banking anbieten. Sobald sich etwas auf dem Konto tut, wird man sofort mit einer Push-Mitteilung auf dem Handy darüber informiert. Zudem haben wir vieles in die App integriert, was man vorher gar nicht oder nur über das Call Center machen konnte. Zum Beispiel die Sperrung und Entsperrung der Karte. Wir haben erst am 26. Jänner gelauncht, mittlerweile mehr als 40.000 Kunden und seit der Gründung 2013 mit limitiertem Budget das beste Privatkundenkonto dieser Art aufgebaut.


Was wird Number26 in Zukunft zusätzlich anbieten?

Langfristig wollen wir zum finanziellen Partner der Kunden werden. Es ist nicht mehr zeitgemäß, wenn dich deine Hausbank einmal im Jahr anruft und dich fragt, ob du ein Pensionsprodukt kaufen willst. Wir glauben daran, dass es viel mehr Transparenz beim Bankengeschäft geben sollte. Zur Zeit gibt es bei den Finanz-Startups einen starken Trend hin zur Spezialisierung. Jetzt sollte wieder eine Zusammenführung der Finanzdienstleistungen folgen. Wir wollen die transparente Plattform für alle diese Innovationen werden und in den nächsten zwölf Monaten die ersten zwei, drei Partner integrieren. So werden wir immer das beste Produkt anbieten können – egal ob bei internationalen Transfers, Spar- oder Kreditprodukten. Wie traditionelle Banken.


Sind traditionelle Banken dem Tod geweiht?

Da muss sich jeder sein eigenes Bild machen. Am Ende entscheidet der Kunde. Ich glaube aber, dass die Banken hier auf jeden Fall etwas verschlafen haben. Das traditionelle Privatkundengeschäft funktioniert heute online und mobile. Die großen Banken stehen vor einem Strukturproblem: Sie geben sehr viel für ihre Filialen aus. Dieses fehlt ihnen dann für die Weiterentwicklung der Online- und Mobileprodukte. Aber spätestens in drei, vier Jahren wird der Großteil des Bankgeschäfts über diese beiden Kanäle ablaufen. Und am Ende entscheidet, wer das bessere Produkt baut und damit den Kunden gewinnen kann. Ich sehe das nicht als Kampf sondern als normale Entwicklung.

Wie sehr haben die traditionellen Banken Angst?

Die Banken wissen alle, wie es um sie steht. Sie wissen wer wie oft in die Filiale kommt. Der Betreuer dort sagt ihnen ja: „Hier ist niemand mehr.“ Man muss unterscheiden zwischen Innovationen, die nur auf das traditionelle Banksystem draufgesetzt werden und Innovationen, die sich wirklich langfristig im Hintergrund abspielen. Wir wollen genau das: Die Kernsysteme nachhaltig verändern und wirkliche Innovation schaffen.


Number26-Mitbegründer Maximilian Tayenthal meinte kürzlich in einem Interview, er habe eher Angst vor Internetriesen wie Apple oder Google als vor den Banken – wieso?

Was heißt Angst? Grundsätzlich ist es natürlich so, dass ein Unternehmen wie Google, wenn es ein Geschäft machen will, extreme Geldreserven zur Verfügung hat. Ich glaube aber, dass Banking alleine durch die Regulatorik und die Komplexität des Geschäfts nicht die erste Wahl von Konzernen wie Google oder Facebook ist. Da gibt es einfacher erschließbare Märkte für sie. Und ich denke, auch der geistige Weg beim Kunden ist noch ein weiter, bevor er zum Beispiel bei Facebook ein Girokonto eröffnen würde.


Wie wird der Bankensektor in Österreich oder Deutschland in zehn Jahren aussehen?

Was man sicher sagen kann, ist, dass sich die Machtverhältnisse komplett verschieben werden. Ich glaube, es wird noch traditionelle Banken geben. Langfristig stellt sich die Frage: Wer ist näher am Kunden dran und versteht ihn besser? Das wird darüber entscheiden, wer überlebt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.