Eigentlich sollte die Innenpolitik draußen bleiben, doch beim Forum wird regelmäßig der innenpolitische Kochtopf angeheizt. Auch heuer wird über einen Machtkampf in der ÖVP gemunkelt.
Es ist ein altes Bonmot: Es gab einmal das rituelle ÖVP-Neujahrstreffen. Funktionäre und Journalisten sorgten dafür, dass sich rund um die Veranstaltung eine Obmanndebatte entzündete. Daher schaffte die ÖVP-Führung – wir halten bei der insgesamt 16. – das Neujahrstreffen ab. Folgte man dieser Logik, müsste man das Europäische Forum Alpbach ebenfalls abschaffen, denn auch hier wird die Kunst der Intrige geübt. Weil, obwohl Präsident Franz Fischler betont, dass es sich um keine Parteiveranstaltung handelt, das jährliche Treffen im Tiroler Bergdorf natürlich bürgerlich dominiert wird. (Auch den ÖVP-Spin-Off, die Neos, zieht es immer her.) Fischlers Hoffnung, die Innenpolitik draußen zu lassen, erfüllt sich daher nicht immer.
Da war etwa 2012 der Konflikt zwischen dem damaligen ÖVP-Obmann Michael Spindelegger und Finanzministerin Maria Fekter. Er hätte selbst gerne den Job gehabt. Oder besser: Fekter woanders. Doch sein diskreter Plan wurde von Wien nach Alpbach geflüstert – und hier vom Wirtschaftsbund schnell verhindert. Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl sorgte 2013 mit dem „abgesandelten“ Wirtschaftsstandort Österreich für einen Eklat. Und 2014 platzte in die Wirtschaftsgespräche die Nachricht vom Rücktritt Spindeleggers als Obmann und Vizekanzler.
Gerüchte um Kurz und Mitterlehner
Wie bei jedem Obmannwechsel in der ÖVP folgten Namensspekulationen, Gerüchte und Lobbying. Zugespitzt auf einen Kampf zwischen Unterstützern von Reinhold Mitterlehner und – noch in der Unterzahl – Sebastian Kurz. Das Ergebnis ist bekannt, Mitterlehner wurde neuer ÖVP-Chef. Doch nun, da der Django–Effekt verpufft ist, wird von einer Neuauflage des Duells gemunkelt. Auch, weil Kurz rund um seinen 30. Geburtstag in Alpbach ist – und vor allem, weil er hier mit der Podiumsdiskussion „Welt.Wirtschaft.Österreich: Erfolgsideen für unser Land“ am Mittwoch tief in das Ressort von Mitterlehner vorstößt. Und natürlich tauchten deswegen Gerüchte auf. Auch wenn laut übereinstimmenden Informationen kein Wechsel bevorsteht, zumindest nicht in Alpbach.
Das Tiroler Bergdorf ist ein zutiefst politischer Ort. Und die Handlungsorte sind auch recht klar definiert – die Zentrale der Etablierten ist der Böglerhof, die Jüngeren zieht es eher zum Jakober. Nicht zu vergessen die Bischoferalm, wo unter anderem Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter am Dienstag zum Empfang lädt – und schon am Montag die Wien Holding. Ja, auch die Linken haben Alpbach mittlerweile für sich entdeckt. Inhaltlich wurden die Wirtschaftsgespräche 2013 auch streng sozialpartnerschaftlich ausgerichtet. Forumspräsident Fischler hatte Arbeiter- und Wirtschaftskammer als Partner eingeladen – die Industriellenvereinigung (IV) stieg daraufhin aus, der Wirtschaftsliberalismus war schon vorher verschwunden. Die IV hat mittlerweile bei den Technologiegesprächen angedockt. Das führte zur amüsanten Kombination, dass ein Ex-SPÖ-Minister und der IV-Präsident im Duett über den Wirtschaftsstandort klagten. Nächste Woche ertönt das Echo der Kammer-Chefs.
Die Zutaten dafür, dass beim Forum heuer etwas innenpolitisch Relevantes passiert, sind vorhanden. Unklar ist, ob der politische Kochtopf zum Explodieren gebracht wird. Oder ob er mit vielen Gerüchten vor sich hin köchelt. Journalisten lieben beides. (no/eko)