Der Schweißfuß hat keine Chance

(c) Katharina Fröschl-Roßboth
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Eine Zeit lang galten sie als altmodisch. Doch heute sind die „Doggln“ wieder beliebt, sagt Anneliese Naschberger, die sich auf die Herstellung der Stoffschuhe spezialisiert hat.

Es überrascht ein wenig, dass ihre Produkte nicht längst in den alternativen Modeläden gelistet sind. Denn natürlicher kann ein Schuh kaum hergestellt sein als die „Doggln“: aus naturbelassener Schur- und Baumwolle und aus Filz. Sogar der Kleber, mit dem die vier bis fünf Stofflagen penibel zusammengeklebt werden, ist lebensmittelecht: „Ein ,Teigl‘ aus Roggenmehl und Wasser“, sagt die gelernte Schuhmacherin Anneliese Naschberger. Die 50-Jährige ist eine der wenigen, die noch weiß, wie die Pantoffeln in Handarbeit hergestellt werden, die gerade wieder eine kleine Renaissance erleben.

In der kleinen Werkstatt in Reith im Alpbachtal fertigt sie pro Jahr 300 bis 350 Paar der traditionellen Schuhe an – tatkräftig unterstützt von ihrem Vater Franz, der seinerseits das Handwerk von seinem Vater gelernt hatte. Der ist mittlerweile 70 Jahre alt und längst in Rente. Nicht aber im Ruhestand: Sogar am Wochenende findet man ihn in der Werkstatt.

Bei Snowboardern beliebt

„Bei Leuten in meinem Alter“, sagt Anneliese Naschberger, „sind die Doggln in unserer Region nicht so beliebt“. Von dieser Generation würden sie als altmodisch erlebt. „Das erinnert viele an die eigene Oma, die damit im Winter wie im Sommer unterwegs war“, sagt sie. Die Jüngeren würden die atmungsaktiven und selbstreinigenden Doggln hingegen sehr schätzen. Besonders viele junge Sportler, speziell aus der Snowboardszene, weil man die Doggln bequem auch im Schnee tragen könne. Sie halten warm und dicht. Nur wenn es draußen sehr matschig ist, empfiehlt Naschberger die Doggln mit Gummisohle. Und auch im Sommer, garantiert Naschberger, bekomme man keine Schweißfüße. Die Schuhe würden sich sehr rasch dem Fuß anpassen und dann ein Leben lang bequem sitzen.

Und dann gibt es noch eine – etwas ungewöhnliche – Kundengruppe, die von Naschbergers Doggln begeistert ist: Shaolin-Mönche. Einer ihrer Bekannten hatte einem Mönch einmal ein Paar geschenkt. Und der wiederum war so begeistert, dass Naschberger gleich 20 Bestellungen von den Mönchen erhielt. „Das war gar nicht so einfach, einen zur Tracht passenden bordeauxroten Stoff und die entsprechende gelb-orange Bordüre zu finden.“ Die Stoffe kauft sie übrigens immer ganz regional: bei Giesswein im benachbarten Brixlegg.

Heute also kommen hochwertige Materialen zum Einsatz. Ursprünglich wurden Stoffreste verwendet, erzählt Naschberger von der Zeit, als ihr Großvater von Bauernhof zu Bauernhof marschiert war und für Kost und Logis aus alten Mänteln und Pullovern oder anderen Filzresten die Doggln produziert hatte.

13 aufwändige Arbeitsschritte

Damals wie heute ist die Herstellung langwierig. Rund acht Stunden dauert es, bis ein Paar gefertigt ist. In Summe sind es 13 Arbeitsschritte, bei denen zugeschnitten, geklebt und genäht wird, sagt Naschberger. Andere Herstellungstraditionen, etwa jene in Südtirol oder im Salzburger Pinzgau, wären hingegen nicht so aufwändig, sagt Naschberger, die sich seit 32 Jahren ganz auf die Produktion der Doggln konzentriert. Aber immer noch kein Vergleich zu den Filzpantoffeln, die man gemeinhin als Hüttenpatschen mit der typischen Ledersohle kennt.
Im Sommer ist die Nachfrage recht überschaubar, sagt Naschberger, die ganzjährig ein Geschäft in Innsbruck beliefert. Das gibt genügend Zeit, um für das Weihnachtsgeschäft zu produzieren. Einmal, erzählt sie, habe eine deutsche Zeitung über ihr Handwerk berichtet. Mit der Folge, dass sie zusätzliche 400 Paar Doggln verkaufen konnte. „Damals haben wir drei Näherinnen beschäftigt“, sagt Naschberger, sonst wäre es sich nicht ausgegangen, alle deutschen Kunden glücklich zu machen.

Sogar der Nikolaus kaufte ein

Für das „normale“ Weihnachtsgeschäft hat Naschberger eigens einen Anhänger angeschafft, der etwa beim Weihnachtsmarkt in Kufstein als Verkaufslokal dient, wo sie die Doggln um 75 Euro und die mit Gummisohle um 89 Euro verkauft. Selbstverständlich mit Registrierkassa, wie Naschberger sagt.

Und dort hätten nicht nur die Perchtenläufer aus Jenbach eingekauft. Sondern sogar ein Heiliger Nikolaus aus dem Zillertal. Ganz weiße Doggln selbstverständlich.

Schuhmacherin Anneliese Naschberger, Kirchfeld 42, Reith im Alpbachtal

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