Maschinen lösen Menschen zunehmend auch dort ab, wo man es nicht vermutet hätte – selbst da, wo es etwa um menschliche Wärme und Interaktion geht. Wie weit sollen sie dabei gehen dürfen?
Freundlich schaut er ja aus. Pepper, der Roboter, der am Mittwoch im Alpbacherhof bei einem Empfang des Infrastrukturministeriums und des Patentamts den Besuchern den Weg zur Cocktailbar weist. Mit seinen 1,20 Metern und den großen Augen wirkt er wie ein netter Spielkamerad. Und tatsächlich ist der humanoide Roboter, der nun für zwei Tage im Alpbacher Congress Centrum Forumsgäste begrüßen und sich für sie in Selfieposen werfen wird, ein Roboter-Gefährte. Eine Maschine, die in eine Art Beziehung mit Menschen treten soll. Wobei Beziehung nur einige programmierte Tätigkeiten bedeutet – für ein echtes Sozialleben reicht es technisch bei weitem noch nicht. Und von künstlicher Intelligenz, an die man bei solchen Maschinen gelegentlich denkt, ist bei ihm auch noch keine Rede.
Doch an Pepper kann man schon einige Fragen diskutieren, die sich bei weiter entwickelten Maschinen in den kommenden Jahren stellen werden. Etwa die, wie menschlich ein solches Gerät wirken soll. Der 2014 in Japan vorgestellte Roboter hat zwar Arme mit Händen, einen Kopf mit Augen, Ohren und Mund – doch ist er eindeutig als Roboter identifizierbar. Werden Maschinen wie er in Zukunft vielleicht einmal so gestaltet, dass sie tatsächlich wie ein Mensch aussehen? Von technischer Seite her könnte das in einigen Jahren möglich sein – und es gibt Argumente, die dafür sprechen. Dass man etwa gegenüber einem menschlich wirkenden Roboter viel empathischer wäre. Dass es einfacher wäre, zu interagieren – weil man nicht mehr das Gefühl hat, mit einer Maschine zu sprechen.
Einen Geist in Objekten sehen
Doch es gibt auch Gegenstimmen. Medienpsychologin Martina Mara, die am Ars Electronica Futurelab den Forschungsbereich RoboPsychology leitet, empfiehlt, dass die Maschinen auch weiter als solche identifizierbar bleiben sollen. Natürlich, erklärt sie beim Kamingespräch „Trust me, I'm a robot“, Menschen würden dazu neigen, einen Geist in Objekten zu sehen, etwa Geräten Spitznamen zu geben oder ihnen menschliche Eigenschaften zuzuschreiben („Der Rasenmäher hat sich schlafen gelegt.“), doch das nur auf spielerischem Level. „Wenn Maschinen uns einreden, dass sie menschlich sind, werden sie creepy.“ Bei Pepper, meint sie, sei der Unterschied noch klar, das sei ok.
Pepper ist aber auch ein gutes Beispiel dafür, wo Maschinen Menschen ablösen. Nicht bei simplen automatisierbaren Tätigkeiten wie am Fließband, sondern in Bereichen, in denen Kommunikation und Interaktion eine Rolle spielen. So wie in Alpbach, wo er an der Tür den Grüß-August macht. Oder in noch komplexeren und menschlich sensibleren Bereichen. In Japan könnte etwa ein solcher Roboter bald bei Beerdigungen anstelle eines Mönches auftreten und Mantras singen. Und an der Uni Siegen in Deutschland wird ein Pepper gerade für die Arbeit in Altersheimen trainiert. Er soll dort mit den älteren Menschen Rätsel raten, Musik vorspielen und ihnen die Zeit vertreiben. In Zeiten von Personalknappheit eine Möglichkeit, dass die Menschen im Heim nicht vereinsamen – aber kann der Kontakt mit einem Roboter menschliche Wärme ersetzen?
Auf einer simplen Ebene vermutlich schon – das zeigt auch ein weiterer Roboter, der im Congress Centrum zu sehen ist. Paro, eine 60 Zentimeter lange Robbe aus Stoff, die schon seit 2004 in der Therapie vor allem älterer Menschen und Demenzkranker eingesetzt wird. Das Gerät reagiert auf Berührung, wackelt etwa mit dem Kopf, wenn es gestreichelt wird. Wobei es kein Ersatz für menschliche Berührung sein soll, sondern eine Ergänzung, um Patienten gesprächiger und gelöster zu machen. Medienpsychologin Mara hält einen derartigen Einsatz von Maschinen für sinnvoll, wenn sie dabei helfen, dass Menschen länger autonom bleiben können. „Aber zu jemandem nette Worte sagen oder ihn berühren, das ist doch die Kernkompetenz von Menschen.“
Wie intelligent dürfen Roboter sein?
Neben Äußerlichkeiten geht es bei Robotern aber auch um innere Werte. Um die Frage, wie intelligent Maschinen sein sollen. Wie sie bei Problemen reagieren sollen, die sie vor ein Dilemma stellen. Soll etwa ein selbstfahrendes Auto ausweichen, das in eine Menschenmenge zu krachen droht, die unvermittelt auf der Straße steht – auch, wenn es dabei einen unbeteiligten Passanten töten würde? Das auf dem „Trolley-Problem“ basierende Gedankenexperiment ist eines von vielen, das die Programmierer beschäftigt. Nicht weniger kompliziert wird die Frage, wenn es darum geht, dass Maschinen mit künstlicher Intelligenz ausgestattet werden. Sie also selbst lernen und Lösungen für Probleme wie dieses entwickeln müssen.
Gibt man ihnen dafür klare Richtlinien? Oder lässt man den neuronalen Netzwerken, die dahinter stecken, freien Lauf? Sepp Hochreiter, Leiter des Linz Institute of Technology, prognostiziert, dass Maschinen künftig quasi eine Ausbildung machen müssen. „Autos müssen künftig einen Führerschein machen“, meint er. Dort würde, so wie bei Kindern, die Intelligenz so weit trainiert, dass sie auf dieser Basis selbstständig weiterlernen können. Ob sie dann irgendwann einen eigenen Willen entwickeln, der den Zielen der Menschen zuwiderläuft, das ist die nächste spannende Frage. Eine, die sich beim derzeitigen technischen Fortschritt wohl schon sehr bald in der Praxis stellen wird. Mit Pepper, dem Roboter im Congress Centrum, mit dem man ein Selfie machen kann, hat all das dann allerdings nicht mehr viel zu tun.