Schlammlawine in Kolumbien reißt hunderte Menschen in den Tod

Rettungsarbeiten in Mocoa
Rettungsarbeiten in Mocoa(c) imago/Xinhua (imago stock&people)
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Erdrutsche und Überschwemmungen zerstörten das Anden-Städtchen Mocoa, Präsident rief den Notstand aus, Hilfe erreicht die Überlebenden nur schleppend.

Bogotá. Die Katastrophe traf die Menschen des südkolumbianischen Städtchens Mocoa mitten in der Nacht. Für viele Bewohner des 4000-Einwohner-Ortes am Fuße der Anden wurde der Schlaf in der Nacht zum Samstag zur tödlichen Falle: Heftiger Regen machte die umliegenden Flüsse zu reißenden Fluten, Schlammlawinen gingen von den Berghängen nieder.
Am Sonntag, einen Tag nach der Katastrophe, wurde das Ausmaß der Tragödie erst so richtig deutlich: Bei Überschwemmungen und Erdrutschen sind am Wochenende mindestens 254 Menschen ums Leben gekommen, rund 200 Einwohner wurden verletzt, 400 weitere vermisst, wie Radio Caracol unter Berufung auf das Rote Kreuz berichtete.

(c) APA

Kein Wasser, kein Strom

Nach heftigem Regen waren drei Flüsse über die Ufer getreten. Die Flüsse Mocoa, Mulato und Sancoyaco hatten sich in der Nacht zu reißenden Strömen entwickelt, die wie Lawinen alles mitrissen, hinzu kamen mehrere Erdrutsche. In der Stadt brach auch die Strom- und Wasserversorgung zusammen. Die Verbindung auf dem Landweg nach Mocoa war unterbrochen, da zwei Brücken zerstört wurden. Luftbilder zeigten schwere Schäden.
Ein großer Teil der Bevölkerung ist von der Lawine quasi mitgerissen worden. „Häuser in 17 Vierteln sind praktisch ausradiert worden,“ sagte Bürgermeister Jose Antonio Castro. „Mein Haus wurde auch zerstört, der Schlamm steht bis an die Decke“, so Castro.
Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos sagte eine Kubareise ab, um in die Katastrophenregion zu fahren. „Diese Tragödie lässt alle Kolumbianer trauern“, sagte er. Er beorderte Einheiten der Streitkräfte in die Region, Soldaten nahmen alte Menschen huckepack, um sie zu retten. Ein 23-jähriger Polizist wird vom Strom mitgerissen, als er gerade versuchte, ein zwölfjähriges Mädchen zu retten, beide ertrinken. Als Santos in Mocoa eintraf, betonte er mit Blick auf die Opfer: „Wir wissen nicht, wie viele es werden.“ Er verhängte den Katastrophenzustand, um die Hilfsmaßnahmen zu beschleunigen. Rund 2.500 Helfer sind im Einsatz. Es ist wegen vieler verschütteter Häuser mit steigenden Opferzahlen zu rechnen.

Durstige Menschen plündern Geschäfte

Viele Menschen in der Region begriffen nur langsam, was ihnen widerfahren sei, meinte der 69-jährige Anrainer Hernando Rodriguez: „Viele Leute sind auf der Straße, viele Häuser sind zerstört.“ Die Bevölkerung sei nicht auf eine solche Katastrophe vorbereitet gewesen, und „wir wissen nicht, was wir jetzt tun sollen“. Berichten zufolge plünderten durstige Menschen auf der Suche nach Trinkwasser bereits Geschäfte. Viele Menschen harrten wegen der Wassermassen auf Dächern aus, um gerettet zu werden. Erst langsam fielen die Pegel wieder und gaben das Ausmaß der Zerstörung in Mocoa frei.
Angesichts der vielen Verletzten könne die Versorgung nicht ausreichend gewährleistet werden, sagte die Gouverneurin des Departements Putumayo, Sorrel Aroca. „Uns fehlt Personal, um den Opfern zu helfen.“ Santos versprach rasche Hilfe.
Papst Franziskus sagte, er bete für die Opfer und fühle mit den Angehörigen und den Rettern. Vor kurzem hatte der Vatikan mitgeteilt, dass Franziskus im September nach Kolumbien reisen wolle.
Umweltexperten sehen vor allem die Abholzung an den Berghängen und die Ansiedlung an Flussufern als Gründe für das Ausmaß der Katastrophe. Auch im Nachbarland Peru kam es zuletzt zu dramatischen Überschwemmungen mit mehr als 100 Toten. In Kolumbien ereignete sich vor 31 Jahren auch die weltweit bisher schlimmste Katastrophe durch eine Schlammlawine. Nach dem Ausbruch des Vulkans Nevado del Ruiz brachte die Lava die Eiskappe des 5390 Meter hohen Vulkans zum Schmelzen und löste damit im November 1985 eine Schlamm- und Gerölllawine aus, die die Stadt Armero auslöschte, 25.000 Menschen starben. Heute ist der Ort ein riesiger Friedhof. (ag.)

(APA/dpa/Juan Garff)

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