Malaria in Italien: Rätselhafter Tod eines Mädchens

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In Brescia ist eine Vierjährige an der von Mücken übertragenen Krankheit gestorben. Im Ausland war sie vorher nicht, sie muss sich also in Italien angesteckt haben. Experten fragen sich, wie es dazu kommen konnte.

Rom. Wegen beginnender Zuckerkrankheit war die kleine Sofia während des Sommerurlaubs der Familie ins Krankenhaus gekommen. Drei Wochen nach ihrer ersten Einlieferung ist die Vierjährige an diesem Montag gestorben. An Malaria. „Wir können es einfach nicht fassen“, sagt ihre Mutter. „Man kann doch nicht mit Diabetes ins Krankenhaus eingeliefert werden und es tot wieder verlassen – wegen Malaria.“

Ganz Italien fragt ich nun, wie sich die kleine Sofia mit der Krankheit angesteckt hat. Die häufigste Ursache, eine Infizierung während eines Urlaubs in einem Malaria-Gebiet, ist ausgeschlossen. Die Familie habe nie Urlaub in einem exotischen Land gemacht, bestätigen die verzweifelten Eltern. Sie hatten sich in diesem Jahr für einen Campingurlaub in Bibione an der Adriaküste, nördlich von Venedig, entschieden. Nicht weit weg von ihrem Heimatort Trient.

Es spreche vieles dafür, dass sich Sofia im Krankenhaus angesteckt hat, sagt Claudio Paternoster, der Verantwortliche für Infektionskrankheiten am Krankenhaus S. Chiara in Trient, wo Sofia vom 16. bis zum 21. August behandelt wurde. Die Inkubationszeit von Malaria beträgt zwei Wochen.

Am 31. August verschlechterte sich der Zustand des Mädchens erneut. Die Ärzte gingen von einer Rachenentzündung aus, verschrieben Antibiotika und schickten sie nach Hause. Nach kurzer Besserung wieder ein Rückfall. Das Kind kommt erneut ins Krankenhaus und fällt ins Koma. Erst da entdecken die Ärzte bei Untersuchungen die Infektion mit Malaria. Zu spät. Sofia stirbt am Montagmittag im Krankenhaus in Brescia.

Koffer aus Burkina Faso

Da sei dieser braune Koffer, der ihm seitdem nicht mehr aus dem Kopf gehe, so Paternoster. Er soll neben dem Bett einer Patientin gestanden haben, die gerade aus einem Urlaub in Burkina Faso zurückgekehrt war. Sie und ihre drei Kinder hatten Malaria, befanden sich aber wieder auf dem Weg der Besserung. Die zwei kleinen Kinder waren wie Sofia auf der Kinderstation. Auch sie hätten einen Koffer gehabt.

Ist darin eine Mücke mitgereist, die die Malaria auf Sofia übertragen hat? Dies ist die wahrscheinlichste Erklärung für diesen mysteriösen Fall. In Italien werden jedes Jahr zwischen 600 und 800 Malariafälle registriert – nahezu alle sind auf vorherige Reisen zurückzuführen. Eine Übertragung durch Kontakt mit Blut können die Ärzte in Sofias Fall ausschließen. Bleibt noch die These, eine heimische Mücke könnte Sofia mit der Malaria infiziert haben.

Schließlich hatte Italien bereits mit der Krankheit zu kämpfen. In der pontinischen Ebene, einem Sumpfgebiet südöstlich von Rom, hatte sich die tropische Anopheles-Mücke ausgebreitet und die Ebene bis ins Jahr 1900 nahezu entvölkert. Unter dem Diktator Benito Mussolini wurde die Ebene trockengelegt und auch das Malaria-Problem löste sich dadurch.

2009 wurde die aktuellste Studie zu Anopheles-Mücken in Italien erstellt. Darin wird wegen der klimatischen Bedingungen praktisch ausgeschlossen, dass in Italien eine Mückenart existiert, die das Plasmodium Falciparum, den Malaria-Erreger, übertragen kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.09.2017)

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