Ein ihr angedichteter Sexskandal und nationale Rhetorik bringen Grabar-Kitarović in die Schlagzeilen.
Belgrad/Zagreb. „Kolinda in Sex-Action!“ titelte aufgeregt das serbische Boulevardblatt „Informer“. Doch die Fotos einer Blondine im Negligé zeigten keineswegs, wie behauptet, Kroatiens künftige Präsidentin, Kolinda Grabar-Kitarović, sondern einen US-Pornostar. Der kroatische Geheimdienst habe dem Blatt die angeblichen Geheimaufnahmen untergeschoben, jammerte hernach Dragan Vučićević, der blamierte Chefredakteur des berüchtigten Blatts: „Ich entschuldige mich bei Kroatiens Präsidentin.“
Doch nicht nur wegen des ihr angedichteten Sex-Skandals sorgt die künftige Staatschefin seit ihrem Wahlsieg am 11.Jänner in der Region für Wirbel: Mit nationaler Rhetorik setzt die Hoffnungsträgerin der konservativen HDZ bereits vor ihrem Amtsantritt die angeschlagene Mitte-links-Regierung in Zagreb weiter unter Druck: So kündigte sie an, auch die Forderung der kroatischen Volksgruppe nach neuen Kantonen oder einer eigenen Entität in Bosnien und Herzegowina zu unterstützen. Kroatiens künftige Präsidentin versuche mit ihrem „Plädoyer für neue Teilungen“ eine Politik wiederaufleben zu lassen, die „zur längst überwundenen Vergangenheit“ zähle, ärgerte sich Nermin Nikšić, der Chef von Bosniens sozialdemokratischer SDP.
Ärger wegen Šešelj
Auf Kritik in Serbien stößt ihr Schreiben an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, in dem sie nicht nur die erneute Inhaftierung des vom Kriegsverbrecher-Tribunal wegen einer Krebserkrankung vorläufig freigelassenen Nationalisten Vojislav Šešelj fordert, sondern auch eine klare Distanzierung der serbischen Regierung von dessen Aussagen. Grabar-Kitarović wisse genau, dass weder Serbien noch der UN-Generalsekretär, sondern nur das Tribunal über Šešeljs Schicksal entscheiden könne, ärgert sich Serbiens Vizepremier, Rasim Ljajić. (ros)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.01.2015)