Kroatiens neuer Premier setzt rechten Parteiflügel matt

Croatia´s PM-designate Andrej Plenkovic speaks in the parliament before the government is approved in Zagreb
Croatia´s PM-designate Andrej Plenkovic speaks in the parliament before the government is approved in Zagreb(c) REUTERS (ANTONIO BRONIC)
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Mit seinem Kurs der Mitte macht sich der am Mittwoch angelobte Premier, Plenković, in seiner HDZ nicht nur Freunde.

Belgrad/Zagreb. Die Empörung rechter Kriegsveteranen- und Familienverbände wegen seines Kabinetts lässt Kroatiens neuen Premier kalt. Er mache sich mit dem „Team, das ich ausgewählt habe“, an die Arbeit, sagte der am Mittwoch vereidigte Regierungschef, Andrej Plenković, kühl zu seinen Kritikern vom rechten Flügel seiner konservativen HDZ: „Ich erwarte von allen in der HDZ, dass sie zu der Politik beitragen, auf deren Grundlage wir die Wahl gewonnen haben.“ Mit einem Paukenschlag startet der bisherige Europaparlamentarier seine Regierungsmission. Zwei Drittel der Minister der eigenen Partei ausgetauscht, bereits aus der Partei verstoßene Amtsträger reaktiviert – und dafür zwei Nationalisten in die Wüste geschickt: Mit einem Kurs der Mitte will der 46-Jährige das Land nach Monaten heftiger politischer Turbulenzen endlich wieder in ein ruhigeres Fahrwasser lotsen.

Seine Blitzkarriere hat der langjährige Diplomat seinem Vorgänger auf der HDZ-Kommandobrücke zu verdanken. Da Ex-Geheimdienstchef Tomislav Karamarko die vom parteilosen Premier Tihomir Orešković geführte Koalition mit der Reformpartei „Most“ nach wenigen Monaten an die Wand gefahren war, rutschte Plenković Mitte Juli als vermeintliche Interimslösung auf den verwaisten Parteivorsitz. Die erste Bewährungsprobe bestand er bei der Parlamentswahl im September: Unerwartet führte der Mann der Mitte die zeitweise in den Umfragen völlig abgestürzte HDZ zum klaren Sieg.

Der in Zagreb geborene Jurist hatte sich schon während seines Studiums auf Fragen des europäischen Rechts spezialisiert. Als Diplomat im Außenministerium bereitete er von 1994 bis 2005 den 2013 erfolgten EU-Beitritt des Adria-Staats vor.

„Schrittmacher“ für Länder der Region

Im Gegensatz zur lang bei der Nato arbeitenden Präsidentin Kolinda Grabar Kitarović eilt ihm der Ruf voraus, eher an Berlin als an Washington orientiert zu sein: Kroatien müsse auch als Schrittmacher für die Beitrittskandidaten in der Region eine aktivere Rolle in der EU spielen, so sein Credo. Plenković hat den Koalitionspoker mit den keineswegs pflegeleichten Politneulingen der Most-Partei relativ zügig und unaufgeregt über die Bühne gebracht. Die größten Herausforderungen stehen ihm aber noch bevor: Außer der auf über 88 Prozent gekletterten Staatsschuld hat der neue Premier vor allem den nationalistischen Flügel der eigenen Partei zu bändigen.

Bei der Wahl der HDZ-Minister hat er klare Signale gesetzt. Mit Außenminister Davor Ivo Stier hat er einen engen Vertrauten aus dem Europaparlament geholt. Mit der schon unter der damaligen HDZ-Regierungschefin Jadranka Kozor als Wirtschaftsministerin dienenden Martina Dalić und Gesundheitsminister Milan Kujundžić hat der Premier zwei frühere HDZ-Mitglieder zurückgeholt, die von seinem Vorgänger aus der Partei gedrängt worden sind.

Der schwerste Schlag gegen die Parteirechte ist der Laufpass für zwei prominente Scharfmacher. Seinen Posten musste nicht nur der wenig diplomatisch agierende Chefdiplomat Miro Kovač, sondern auch der wegen Verharmlosung der faschistischen Ustascha umstrittene Kulturminister Zlatko Hasanbegović räumen: Beide hatten die Beziehungen zu den Minderheiten und zum einstigen Kriegsgegner Serbien belastet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.10.2016)

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