Ungemach vor Donald Trumps Einstandsfeier

January 17 2017 Washington District of Columbia United States of America United States Presid
January 17 2017 Washington District of Columbia United States of America United States Presid(c) imago/ZUMA Press (imago stock&people)
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Der neue Präsident wird laut mehreren Umfragen abgelehnt wie keiner seiner Vorgänger in den vergangenen 40 Jahren.

Washington. „Die Menschen strömen in Rekordzahlen nach Washington“, verkündete Donald Trump dieser Tage auf Twitter, und für jene Stimmen, die Zweifel sowohl an der Anziehungskraft seiner Angelobung am heutigen Freitag sowie an seiner Beliebtheit beim Volk äußern, hat der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika seine gewohnte Reaktion parat: „Dieselben Leute, die die erfundenen Wahlumfragen gemacht haben und so falsch lagen, machen jetzt Umfragen über die Beliebtheit. Die sind genauso gefälscht wie zuvor.“

Gewiss: Trump hat die Wahl dank seines überraschend starken Abschneidens in den Bundesstaaten Ohio, Pennsylvania, Michigan und Wisconsin gewonnen. Doch landesweit lag Hillary Clinton rund drei Millionen Stimmen vor ihm, und dieses Ergebnis von 48 zu 46 Prozent zu ihren Gunsten hatten die Meinungsforscher im Durchschnitt bis auf einen Prozentpunkt genau prognostiziert. Insofern sollten die Ergebnisse von drei neuen Befragungen Trump zu denken geben. Denn er ist durchwegs der unbeliebteste neue Präsident seit vier Jahrzehnten – und der ohnehin schwache Zuspruch der Amerikaner ist in den vergangenen Wochen noch weiter gesunken.

Unbeliebter als Bush

Die Zahlen sind, sofern man nicht die gesamte Demoskopie unter Generalverdacht der Inkompetenz stellt, verheerend. Laut ABC News und „Washington Post“ haben 40 Prozent der Amerikaner einen guten Eindruck von ihrem neuen Staats- und Regierungschef. Bei CNN sind es ebenfalls nur 40 Prozent. Und bei NBC News und dem „Wall Street Journal“ hat Trump gar nur 38 Prozent Zuspruch.

Wenn man diese Zahlen mit jenen von Trumps unmittelbaren Vorgängern vergleicht, wird ersichtlich, wie groß die Herausforderung für ihn sein wird, sein Versprechen einzulösen, der „Präsident für alle Amerikaner zu sein“. Barack Obama hatte vor acht Jahren in der Umfrage von „Wall Street Journal“ und ABC News 67 Prozent Zuspruch, Bill Clinton im Jänner 1993 64 Prozent, und sogar George W. Bush hatte im Jänner 2001 nach dem erbitterten Ringen um jede einzelne Stimme in Florida bei 50 Prozent der Amerikaner ein positives Image (obwohl er eine halbe Million Stimmen weniger als Al Gore erhalten hatte). In der Umfrage von „Washington Post“ und ABC News hatten jeweils 79, 68 und 62 Prozent der Amerikaner einen guten Eindruck bei den Amtseinführungen von Obama, Clinton und Bush.

Die Umfragen legen zudem offen, dass Trump praktisch nur bei registrierten Republikanern Zuspruch findet. Nur zehn Prozent von ihnen sehen ihn negativ, hingegen tun das 85 Prozent der Demokraten.

Militärparaden und Biker-Leibwächter

Der neue Chef im Weißen Haus ließ in den Tagen vor seinem Einzug wenig darüber wissen, wie er seine Versprechen einer Reform der Krankenversicherung oder des Baus einer Grenzmauer zu Mexiko einzulösen gedenkt. Hingegen ließ er in einigen Ansprachen und Interviews sein Verständnis von der Rolle als Präsidenten erkennen. „Ein Präsident zu sein hat mit vielen Dingen zu tun, aber eine davon ist, ein großer Cheerleader für Amerika zu sein“, sagte er zur „Washington Post“. „Und wir werden den Leuten zeigen, wie wir unser Militär aufbauen, wir werden unser Militär herzeigen. Dieses Militär wird die Pennsylvania Avenue entlangmarschieren. Dieses Militär wird über Washington und New York fliegen, für Paraden.“ Seinen designierten Außenminister, Rex Tillerson, den früheren Vorstandschef des Ölkonzerns Exxon Mobil, lobte er am Dienstagabend bei einem Washingtoner Galadiner mit Vertretern von 150 Botschaften so: „Er hat dieses verzauberte Leben geführt. Er geht in ein Land hinein, nimmt das Öl, geht in ein anderes. Es ist hart, mit diesen Politikern zu tun haben, nicht wahr? Er wird so unglaublich sein.“

Ebendort lobte Trump die Motorradfahrer der „Bikers for Trump“ für deren Ankündigung, allzu aufsässige Demonstranten während der Feierlichkeiten mit Gewalt in die Schranken zu weisen. „Ich habe die Bikers for Trump gesehen – Junge, machten die ein Spektakel! Die sind zusätzliche Security, und sie sind Raubeine.“

Regen und Absagen

Entgegen Trumps Ankündigung von Rekordbesucherzahlen in Washington erwarten die Behörden höchstens 800.000 Teilnehmer an der Angelobungsfeier, die am Freitagnachmittag mitteleuropäischer Zeit beginnen wird. Zum Vergleich: Bei Obamas erster Angelobung waren laut amtlichen Schätzungen rund 1,8 Millionen Menschen auf den Beinen. Die Organisatoren von Trumps Feierlichkeiten, allen voran Stephanie Winston Wolkoff, eine frühere Assistentin von „Vogue“-Chefin Anne Wintour, ringen zudem mit der Wetterprognose einer 90-prozentigen Wahrscheinlichkeit von Regen sowie mit zahlreichen Absagen von Sängern. Nicht einmal die B-Street Band, die Songs von Bruce Springsteen nachspielt, will nun für Trump auftreten. Und was wird Trump in seiner Antrittsrede sagen? „Es wird ein philosophisches Dokument über die Rolle der Regierung und der Bürger“, sagte sein Pressesprecher, Sean Spicer, am Donnerstag.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2017)

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