Ermutigt von Trumps pro-israelischer Haltung treibt die Regierung den Bau von Siedlungen voran und denkt schon weiter. Das stößt auf Kritik des UN-Generalsekretärs.
Jerusalem. Mit einem Hilferuf an die Staatengemeinschaft versuchen die Palästinenser, Israels Siedlungspolitik einen Dämpfer zu geben. Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu fühle sich angesichts der neuen Führung im Weißen Haus „ermutigt“, erklärte PLO-Generalsekretär Saeb Erikat. Nur wenige Tage nach dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump segnete Netanjahu Pläne für den Neubau von 2500 Wohnungen für israelische Siedler im besetzten Westjordanland ab. Geplant sind zudem gut 500 Neubauten in Ostjerusalem.
UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte die Bauvorhaben. Unilaterale Schritte seien ein Hindernis auf dem Weg zur Zweistaatenlösung, für die er keine Alternative sehe, ließ Guterres durch einen Sprecher verlauten.
Einem Bericht der in London erscheinenden arabischen Zeitung Asharq al-Awsat zufolge will Trump zumindest vorläufig von seinem Plan absehen, die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Die Zeitung beruft sich auf den palästinensischen Philosophiedozenten Ahmad Majdalani von der Bir Zeit-Universität, einen Vertrauten von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas, der meint, es gebe „Anzeichen“ dafür, dass Trump seine ursprünglichen Umzugspläne überdacht habe.
Annexion von Siedlungen?
Ein Sprecher der PLO (Palästinensische Befreiungsbewegung) in Ramallah wollte den Bericht nicht bestätigen. „Wir haben keinerlei Informationen“ über die Pläne des Weißen Hauses, erklärte Xavier Abu Eid auf telefonische Anfrage. Trump hatte vor Kurzem Überlegungen kundgetan, das diplomatische Korps in die „ewige Hauptstadt des Jüdischen Volkes“ umziehen zu lassen. Damit stieß er bei den Palästinensern, der jordanischen Monarchie und einigen europäischen Staaten auf regen Protest. Trumps Sprecher Sean Spicer erklärte, dass „die Angelegenheit noch geprüft wird“.
Angespornt von Trumps deutlich pro-israelischer Haltung prescht das nationalreligiöse Lager in der Knesset (Parlament) voran, um die Zweistaatenlösung endgültig ad acta zu legen. Ginge es nach Bildungsminister Naftali Bennett, Chef der Siedlerpartei „Das jüdische Heim“, dürfe keine Zeit vergeudet werden, um Teile des Westjordanlandes unter israelische Souveränität zu bringen. Netanjahu zögerte mit einer anfangs für die Siedlung Maale Adumim geplanten Annexion und entschied bis zu seinen persönlichen Beratungen mit Trump im Februar abzuwarten. Die Kritik gegen die neuen Siedlungsvorhaben wies der israelische Premier indes zurück. „Wir bauen und werden weiter bauen“, twitterte er.
Erst vor vier Wochen hatte der UN-Sicherheitsrat eine Resolution gegen den Siedlungsbau verabschiedet, gegen die die USA erstmals kein Veto einlegten. PLO-Funktionärin Hanan Aschrawi reichen Erklärungen hingegen nicht aus. „Donald Trump und die Welt müssen zwischen Gerechtigkeit und Besatzung entscheiden.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2017)