Merkel übt scharfe Kritik an US-Einreiseverbot für Muslime

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Die deutsche Bundeskanzlerin ließ über ihren Sprecher mitteilen, dass Terrorismus sich nicht durch einen "Generalverdacht" bekämpfen ließe. Auch Großbritannien, Kanada und der Iran kritisieren Trumps Vorgehen.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hält das von der US-Regierung verhängte Einreiseverbot gegen Flüchtlinge und Bürger einiger mehrheitlich muslimischer Staaten für falsch. "Sie ist überzeugt, dass auch der notwendige entschlossene Kampf gegen den Terrorismus es nicht rechtfertigt, Menschen einer bestimmten Herkunft oder eines bestimmten Glaubens unter Generalverdacht zu stellen", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Sonntag in Berlin. Merkel habe ihr Bedauern über diese Maßnahme auch im Telefonat mit dem US-Präsidenten am gestrigen Samstag zum Ausdruck gebracht, erklärte der Sprecher.

Merkel erinnerte Trump an Genfer Flüchtlingskonvention

Die Genfer Flüchtlingskonvention fordere die internationale Staatengemeinschaft auf, Kriegsflüchtlinge aus humanitären Gründen aufzunehmen. "Alle Unterzeichnerstaaten sind dem verpflichtet. Die Bundeskanzlerin hatte diese Politik dem US-Präsidenten in ihrem gestrigen Telefonat erläutert", führte er weiter aus.

Trump und Merkel hatten am späten Samstagnachmittag mitteleuropäischer Zeit erstmals seit Amtsübernahme des neuen US-Präsidenten am 20. Jänner miteinander telefoniert. Dabei hoben sie als gemeinsamen Nenner die "fundamentale Bedeutung" der NATO für die transatlantischen Beziehungen und die Bewahrung von Frieden und Stabilität hervor.

Auch Irans Außenminister Mohammed Javad Zarif kritisiert den Präsidialerlass. Er hat den US-Präsidenten Donald Trump gewarnt, das von ihm verhängte Einreiseverbot für Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern verschaffe Extremisten Zulauf. Trumps Dekret, wonach Bürger aus dem Iran, Irak, Libyen, Somalia, Syrien, Sudan und Jemen für 90 Tage keine Visa erhalten dürfen, werde "in die Geschichte eingehen als großes Geschenk an Extremisten und ihrer Unterstützer", schrieb Zarif am Sonntag im Kurzbotschaftendienst Twitter.

"Kein Ansatz, den wir verfolgen werden"

Auch die Regierungen Großbritanniens und Kanadas haben sich unmissverständlich von Trumps Einreiseverbot distanziert.  Das Büro der britischen Premierministerin Theresa May erklärte in der Nacht auf Sonntag, die Einwanderungspolitik der USA sei zwar ebenso wie die anderer Länder allein deren Sache. "Aber wir sind mit diesem Ansatz nicht einverstanden, und es ist keiner, den wir verfolgen werden." Die Anordnung Trumps werde nun auf ihre Bedeutung und juristischen Folgen geprüft. "Wenn es irgendwelche Konsequenzen für britische Staatsangehörige haben sollte, dann werden wir natürlich bei der US-Regierung Einspruch dagegen erheben", hieß es in der Stellungnahme.

Kanadas Premierminister Justin Trudeau reagierte darauf, indem er Flüchtlinge in seinem Land demonstrativ willkommen hieß. "An all jene, die vor Verfolgung, Terror und Krieg fliehen - Kanada wird euch willkommen heißen, ungeachtet eures Glaubens", schrieb Trudeau auf Twitter. Seine Botschaft endet mit den Worten: "Vielfalt ist unsere Stärke #WelcomeToCanada (WillkommenInKanada)". Dazu postete er ein Foto von sich und einem syrischen Flüchtlingsmädchen, das er im Dezember 2015 persönlich am Flughafen von Toronto willkommen geheißen hatte.

Trump hatte seinen Präsidialerlass am Freitag mit dem Kampf gegen den Terror begründet. Ein Gericht in New York entschied jedoch, dass Personen mit gültigen Visa weiterhin in die USA einreisen dürfen. Der US-Präsident hatte wiederholt scharfe Kritik an der deutschen Kanzlerin geübt und ihre Flüchtlingspolitik als "katastrophalen Fehler" bezeichnet. Am Samstag telefonierten die beiden erstmals seit der Amtsübernahme Trumps.

(APA/DPA/Reuters/AFP)

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