Vor einem Jahr wurde die Balkan-Route geschlossen. Der Hauptstrom hat sich nach Süditalien verlagert. Jene, die auf der alten Route festsitzen, werden zu willigen Opfern von Schleppern.
Wien/Valletta. „Uns ist es gelungen, die Westbalkan-Route dicht zu machen“, verkündete vor einem Jahr die damalige Innenministerin, Johanna Mikl-Leitner. Sie war davon überzeugt, dass auch Deutschland von der „Schließung“ profitieren werde. Heute steht fest, dass der Flüchtlingsstrom aus der Türkei über Griechenland, die frühere jugoslawische Republik Mazedonien, Serbien und Ungarn tatsächlich eingedämmt wurde, sich die Zahl der Ankommenden in Österreich und Deutschland deutlich reduziert hat. Berlin behauptet, dass dafür der Flüchtlingsdeal mit der Türkei verantwortlich ist, Wien sieht hingegen die Zusammenarbeit mit den Balkanländern als Hauptgrund.
Fest steht zum einen, dass sich der Hauptstrom über Libyen nach Italien verlagert hat (siehe Grafik). Zum anderen wurde das Flüchtlingsproblem entlang der Balkan-Route noch nicht nachhaltig gelöst. In Griechenland kommen noch immer Flüchtlinge aus der Türkei an. Seit Anfang Jänner waren es 1464. Mittlerweile sitzen laut dem UN-Flüchtlingshochkommissariat 62.400 Personen in Griechenland fest, in Serbien 7800, in Mazedonien sind es einige Hundert. Prekär ist die Lage für jene Migranten, die vor der ungarischen Grenze kampieren. Wegen der Kälte kam es zu humanitär problematischen Zuständen. Da es für viele weder ein Zurück nach Griechenland noch ein Weiter in die EU gibt, werden sie zu willigen Opfern von Schlepperbanden, die immer höhere Preise für illegale Transporte fordern. Laut Europol und lokalen Sicherheitsbehörden hat das Schlepperwesen in der Region zugenommen. Einige wenige Migranten suchen Auswegrouten über Bulgarien oder den Kosovo.