Das "Phantom von Algerien" muss Treffen mit Merkel absagen

Im Jahr 2010 war Bouteflika in Deutschland zu Gast bei Angela Merkel.
Im Jahr 2010 war Bouteflika in Deutschland zu Gast bei Angela Merkel.(c) APA/AFP/JOHN MACDOUGALL (JOHN MACDOUGALL)
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Der algerische Präsident Abdelaziz Bouteflika tritt schon länger nicht mehr in der Öffentlichkeit auf. Nach mehreren Schlaganfällen schwächt ihn nun eine akute Bronchitis.

Die Reise der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Algerien ist unmittelbar vor dem Abflug am Montag abgesagt worden. Präsident Abdelaziz Bouteflika sei an einer akuten Bronchitis erkrankt und könne die Kanzlerin nicht empfangen, berichtete die algerische Nachrichtenagentur APS. Öffentlich tritt Bouteflika ohnehin kaum noch auf. Nach mehreren Schlaganfällen in den vergangenen Jahren sitzt der 79-Jährige im Rollstuhl und soll große Probleme mit dem Sprechen haben. Bouteflika regiert das Land als "Phantom" - wie man ihn in Algerien auch bezeichnet.

Wobei die Opposition ihn eher als "Marionette" eines korrupten Staatsapparates sieht, der eigentlich von den Geheimdiensten und einer kleinen Elite gelenkt wird.

Sorge um Konflikt

Da die Nachfolge Bouteflikas derzeit ungeklärt ist, fürchtet man in Algerien Instabilität, sollte es zum Machtkampf kommen. Zu präsent ist den meisten noch das "schwarze Jahrzehnt", als im algerischen Bürgerkrieg zwischen Staat und Islamisten in den 1990er Jahren geschätzte 150.000 Menschen ums Leben kamen. Bouteflika trat damals als Versöhner auf und schaffte es, seit seinem Amtsantritt 1999 Algerien relativ stabil zu halten.

Die Karriere des Mannes mit großem rednerischen Talent hatte früh begonnen. 19-jährig beendet er seine Schullaufbahn, trat der Befreiungsarmee bei und kämpfte gegen die damalige Kolonialmacht Frankreich. Nach der Unabhängigkeit 1962 wurde er Sportminister und dann im Alter von nur 26 Jahren der damals jüngste Außenminister der Welt. Lediglich eine Affäre um Veruntreuung von Staatsgeldern unterbrach später für einige Zeit die steile Laufbahn.

Ein Schwerpunkt des nun verschobenen Treffens mit der deutschen Kanzlerin sollte die Zusammenarbeit in der Flüchtlingspolitik sein. Hintergrund ist, dass seit dem EU-Türkei-Migrationsabkommen und der Schließung der Balkan-Route die Hauptroute für nach Europa strebende Afrikaner über das Mittelmeer meist nach Italien führt. Die algerische Regierung gehört zudem zu den wichtigsten regionalen Partnern beim Versuch, das vom Bürgerkrieg zerrissene Libyen zu stabilisieren.

(APA/dpa/Reuters)

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