Assads Truppen haben den Islamischen Staat erneut aus Palmyra vertrieben. Und auch im Norden des Landes verbessern sie ihre Position im Ringen um ehemalige IS-Gebiete.
Die Streitkräfte des syrischen Machthabers, Bashar al-Assad, meldeten am Donnerstag einen großen Erfolg: Syrische Einheiten seien mit russischer Hilfe erneut in die antike Stadt Palmyra eingedrungen. Arabische Nachrichtenportale verbreiteten Aufnahmen, die syrische Soldaten in der alten Zitadelle oberhalb der Stadt zeigen. Zuvor hatten hier die Extremisten des sogenannten Islamischen Staates (IS) geherrscht. Doch nun scheinen die IS-Kämpfer geflohen zu sein. Russlands Verteidigungsministerium meldete, dass die gesamte Stadt wieder unter der Kontrolle der syrischen Regierung stehe. Für das Regime in Damaskus ist dieser Erfolg sowohl von strategischer als auch symbolischer Bedeutung.
Schon einmal, im März 2016, vertrieben syrische Truppen mit russischer Unterstützung den IS aus Palmyra. Moskau feierte den Sieg damals mit einem Sinfoniekonzert des St. Petersburger Orchesters des Marinski-Theaters in Palmyras Amphitheater – quasi als kulturelle Antithese zum Wüten des IS, der in der zum Weltkulturerbe zählenden syrischen Stadt mehrere antike Bauwerke gesprengt hatte. Dann zogen das Gros der syrischen Soldaten und die russischen Eliteeinheiten aber wieder ab, um die Rebellenhochburgen in der Großstadt Aleppo zu erobern. Der IS rückte derweil erneut in Palmyra ein und setzte sein Zerstörungswerk fort – ausgerechnet im Amphitheater, wo zuvor das russische Orchester aufgetreten war.
Mit der Rückkehr nach Palmyra wetzen die syrischen Truppen nicht nur diese Scharte aus. Sie haben auch einen wichtigen Zug gemacht in einem strategischen Wettstreit, der an Brisanz gewinnt. Es geht um die Aufteilung der Gebiete, die noch vom IS beherrscht werden. Von Palmyra aus könnte sich Syriens Armee nicht nur weiter Richtung Deir az-Zor vorarbeiten – einer Stadt, die von Syriens Regierung kontrolliert und vom IS belagert wird. Palmyra stellt auch das Tor nach Raqqa, der politischen Hauptstadt des IS-„Kalifates“, dar.
Ankara warnt kurdische Einheiten
Auch andere Kriegsparteien schicken sich gerade an, die IS-Hochburg einzunehmen. Vom Norden rücken die von den USA unterstützten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) auf Raqqa vor. In den Reihen der SDF befinden sich auch zahlreiche arabische Gruppen. Ihr Rückgrat bilden aber die sogenannten Volksverteidigungseinheiten (YPG) der syrischen Kurden. Sie sind Verbündete der kurdischen Untergrundorganisation PKK, die seit Jahrzehnten gegen den türkischen Staat kämpft. Ankara warnt vor einer Einnahme Raqqas durch die SDF und ruft die neue US-Regierung dazu auf, die langjährige Militärhilfe für Syriens kurdische Einheiten einzustellen. Statt der SDF könnten türkische Truppen und verbündete syrische Rebellen nach Raqqa vorstoßen, so das Angebot Ankaras.
Syriens Armee soll Puffer bilden
Derzeit operieren türkische Eliteeinheiten und Rebellen gemeinsam im Norden Syriens. Nach langen Kämpfen nahmen sie die IS-Hochburg al-Bab ein. Doch die türkische Offensive ist nicht nur gegen den IS gerichtet. Sie soll auch zugleich verhindern, dass die kurdischen Einheiten ihre Gebiete in Nordsyrien ausweiten können.
Am Donnerstag forderte Ankara erneut die kurdischen Kräfte dazu auf, sich aus der Stadt Manbij westlich des Euphrat zurückzuziehen. Andernfalls würden sie mit Gewalt vertrieben. Daraufhin teilte der kurdisch-arabische Militärrat von Manbij mit, einige Dörfer abzugeben. In sie sollen aber syrische Regimetruppen einrücken. Man habe unter Vermittlung Moskaus vereinbart, dass Syriens Armee einen Puffer zwischen den Kurdenmilizen und den türkischen Soldaten schafft, so der Militärrat von Manbij. Das Mehrfrontenringen in Syrien ist damit um eine weitere Facette reicher. Denn noch vor einigen Tagen sind Bilder aufgetaucht, die US-Spezialkräfte an der Seite ihrer kurdischen Verbündeten bei Manbij zeigen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.03.2017)