François Fillons Wahlkampf-Chef wirft das Handtuch

Ein Bild aus freundschaftlicheren Zeiten: Parteikollegen Alain Juppé (links) und François Fillon.
Ein Bild aus freundschaftlicheren Zeiten: Parteikollegen Alain Juppé (links) und François Fillon.(c) APA/AFP/GEORGES GOBET
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Der Druck auf Frankreichs konservativen Präsidentschaftskandidaten wächst: Wegen der Korruptionsaffäre wenden sich immer mehr hochrangige Parteimitglieder ab.

Paris. Isolierter denn je war am Freitag der angeschlagene konservative Präsidentschaftskandidat François Fillon: Das Wochenende könnte endgültig eine entscheidende Wende in seiner Kampagne bringen. Fillon erklärte zwar weiterhin trotzig, auch im Falle der Eröffnung eines Strafverfahrens weiterhin kandidieren zu wollen. Allerdings kehrt ihm ein Mitglied nach dem anderen in seinem Wahlkampfteam den Rücken.

Mehrere Berater der Kampagnenleitung sowie andere führende Köpfe der Partei Les Républicains haben sich von ihm distanziert, unter ihnen vor allem Vertraute von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy und des Bürgermeisters von Bordeaux, Alain Juppé. Fillon sei unbelehrbar stur, verlautet aus Parteikreisen. Denn weder gutes Zureden noch moralische Belehrungen hätten beim Kandidaten Gehör gefunden.

Freitagabend platzte die nächste Bombe: Auch Fillons Wahlkampf-Chef verkündete seinen Rücktritt. Sein Ausscheiden sei "unwiderruflich" und trete Sonntagabend in Kraft, sagte Patrick Stefanini der Zeitung "Liberation"

Demo gegen die „roten Richter“

Fillon hatte nach Medienenthüllungen zugeben müssen, seine Ehefrau Penelope jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin bezahlt zu haben. Offenbar hatte sie aber den Job nie ausgeführt. Die Justiz ermittelt wegen des Verdachts der Scheinbeschäftigung, für 15. März hat Fillon eine richterliche Vorladung. Untersuchungsrichter dürften bald ein Ermittlungsverfahren einleiten. Am Donnerstag durchsuchten Ermittler seine Pariser Privatwohnung. Fillon betont, die Anstellung seiner Frau sei legal gewesen. Nach seinen Angaben geht es um Steuergelder in Höhe von rund 680.000 Euro.

Die Jugendorganisation „Les jeunes avec Fillon“ kündigte indes per Kommuniqué ihre weitere Mitarbeit auf. Nach zwei Vizechefs und dem Schatzmeister der Wahlkampagne gab am Freitag auch Fillons Kampagnensprecher, Thierry Solère, bekannt, er ziehe sich zurück. Der Kandidat selbst versucht verzweifelt, die Basis seiner Sympathisanten gegen diesen wachsenden Druck zu mobilisieren. Am Sonntag sollen Fillons Anhänger auf dem Pariser Trocadéro für ihn demonstrieren. Diese Kundgebung wurde zuerst auch als „Protest gegen die roten Richter“ bezeichnet. Doch viele konservative Wähler sind schockiert, dass ein bürgerlicher Kandidat dermaßen populistisch die Objektivität der Justiz infrage stellt und seine Anhänger gegen eine unabhängige Institution mobilisiert.

Abgeordnete und Bürgermeister drängen Fillon, den Platz einem Ersatzmann mit Wahlchancen zu überlassen. Sie plädieren für „Plan J“ – für Juppé. Dieser galt ohnehin lang als Favorit für das Präsidentschaftsrennen am 23. April und 7. Mai. Bei den bürgerlichen Vorwahlen im November wurde er überraschend von Fillon geschlagen, jetzt aber könnte er seine verunsicherte politische Familie hinter sich scharen. Umfragen zufolge hätte Juppé gute Chancen, als Favorit in die Stichwahl zu gehen.

Juppé hält sich jedenfalls bereit, er wartet nur noch auf das grüne Licht seiner Partei. Zeit hat er bis zum 17. März, dann müssen die Präsidentschaftskandidaturen beim obersten Verfassungsrat eingereicht werden.

Noch nie nahmen in Frankreich Präsidentschaftswahlen einen so unvorhersehbaren Verlauf. Viele ohnehin desillusionierte Wähler wissen nicht mehr, für wen sie dieses Mal wählen sollen – oder sie sagen offen, sie würden diesen „Zirkus“ boykottieren.

AUF EINEN BLICK

François Fillon, der Präsidentschaftskandidat der Konservativen, ist wegen einer angeblichen Scheinanstellung seiner Frau unter Druck: Er hatte nach Medienenthüllungen zugeben müssen, seine

Ehefrau Penelope jahrelang als parlamentarische Mitarbeiterin bezahlt zu haben. Die französische Justiz ermittelt wegen des Verdachts der Scheinbeschäftigung. Untersuchungsrichter dürften bald

ein Ermittlungsverfahren einleiten. Am Donnerstag durchsuchten Ermittler seine Pariser Privatwohnung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2017)

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