Nigerias Präsident kehrt nach sieben Wochen in sein Land zurück

Präsident Buhari (li) nach seiner Ankunft mit Vizepräsident Osinbajo (re).
Präsident Buhari (li) nach seiner Ankunft mit Vizepräsident Osinbajo (re).
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Muhammadu Buhari lässt die Öffentlichkeit über seine Krankheit im Dunkeln. Am Freitag traf er nach einem langen Aufenthalt in London in Abuja ein, betonte aber, er brauche noch Ruhe - und weitere medizinische Untersuchungen. Die Amtsgeschäfte führt Vizepräsident Osinbajo zunächst weiter.

Eine Routineuntersuchung – so lautete die offizielle Begründung, als der Präsident Nigerias am 19. Jänner zu einer medizinischen Behandlung nach London reiste. Zehn Tage später werde er wieder zurück in Nigeria sein, betonten seine Mitarbeiter. Doch aus zehn Tagen sind sieben Wochen geworden: erst am Freitag kehrte ein lächelnder, aber abgemagert und geschwächt wirkender Muhammadu Buhari nach Abuja zurück.

Die Regierung wird nicht müde zu betonen, der 74-jährige Buhari sei gesundheitlich stark und in der Lage, das Amt weiter auszuüben. Doch Zweifel bleiben, zumal der Staatschef nach seiner Rückkehr betonte, er fühle sich zwar „viel besser“, brauche aber zunächst noch Ruhe; es stünden auch weitere medizinische Untersuchungen an. Vorerst soll Vizepräsident Yemi Osinbajo die Geschäfte führen.

Über Buharis Krankheit hat die Regierung die Öffentlichkeit im Unklaren gelassen. Der London-Aufenthalt sei ein "medizinischer Urlaub", so lautete die Sprachregelung. Buhari selbst räumte am Freitag lediglich ein, er habe in Großbritannien eine Bluttransfusion bekommen. Mehr ist nicht bekannt.

Déjà-vu für viele Nigerianer

In Nigeria wird befürchtet, dass es um die Gesundheit des Präsidenten viel schlechter bestellt sein könnte als offiziell dargestellt. Das weckt Erinnerungen an die Zeit um den Jahreswechsel 2009/2010, als sich der damalige Präsident Umaru Yar'Adua wegen eines Herzleidens für sechs Monate nach Saudi-Arabien verabschiedete und wenige Wochen nach seiner Rückkehr starb.

Für einen Ausfall an der Staatsspitze hätte sich die Regierung kaum einen schlechteren Zeitpunkt ausdenken können: die stark vom Öl abhängige nigerianische Wirtschaft steckt in einer schweren Krisen, im vergangenen Jahr ist das Bruttoinlandsprodukt um 1,5 Prozent geschrumpft. Die Inflation hat sich in zwölf Monaten verdoppelt. Die Konflikte zwischen Bauern und Hirten eskalieren zusehends. Die Unruhe im Nigerdelta wächst. Und im Nordosten des Landes und den angrenzenden Nachbarstaaten entfaltet sich möglicherweise die schlimmste humanitäre Krise Afrikas in Form einer Hungersnot, die nach Angaben von Hilfsorganisationen Hunderttausende das Leben kosten könnte.

Der Vizepräsident als Anpacker

Anders als Yar'Adua aber hatte Buhari vor seiner Abreise vorgesorgt und Vize-Präsident Osinbajo die Amtsgeschäfte übertragen. Der 59-jährige Anwalt aus der Wirtschaftsmetropole Lagos im Süden des Landes hat sich in der kurzen Zeit an der Spitze der Regierung zu einem äußerst beliebten Politiker gemausert. Es gibt nicht wenige, die sagen, er habe in den sieben Wochen mehr geschafft als der einst mit großen Hoffnungen versehene Buhari seit seinem Amtsantritt im Mai 2015.

So hat Osinbajo einen 60-Tage-Plan entworfen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die größte Fluggesellschaft des Landes, Arik Air, stellte unter staatliche Aufsicht, um sie vor dem Bankrott zu retten. Im konfliktreichen Nigerdelta, dem Zentrum der Ölproduktion, traf er arbeitslose Jugendliche und versprach Hilfe. Visaeinschränkungen wurden gelockert, um ausländische Investoren und Touristen anzulocken. Und als im Februar wütende Demonstranten zum Präsidentensitz Aso Rock marschierten, um gegen die Rezession und die immer noch grassierende Korruption zu protestieren, ließ er deren Anführer zu sich kommen und hörte ihnen zu.

"Dieser Mann ist ein Workaholic", zitierte die Nachrichtenagentur Reuters zitierte eine Quelle aus dem Präsidentenpalast. "Ich frage mich, ob er sich überhaupt einmal ausruht, weil er sogar einige Treffen in seine Residenz verlegt." Die Arbeitszeit für die Mitarbeiter sei bis 19 Uhr oder später ausgeweitet worden, während Buhari stets um 16 Uhr aufgehört habe zu arbeiten. Die Beamten ächzten unter einem signifikant gestiegenen Arbeitspensum.

Delikates Gleichgewicht

Und so soll es nicht wenigen Menschen gar nicht so unrecht sein, dass Buhari die Amtsgeschäfte zunächst weiterhin Osinbajo überlässt. Letzterer allerdings will unter allen Umständen den Eindruck vermeiden, dass er zu einer Konkurrenz für den Präsidenten heranwachsen könnte. Er betont stets, alle Schritte seien mit dem Staatschef akkordiert.

Das hat seine Gründe: Buhari ist ein Muslim aus dem mehrheitlich muslimisch geprägten Norden, Osinbajo ein Christ aus dem mehrheitlich christlichen Süden. Beide Religionen sind in Nigeria etwa gleich stark vertreten. Und so geht es auch immer darum, bei der Machtverteilung das richtige Gleichgewicht zwischen beiden Bevölkerungsgruppen zu wahren. An der Staatsspitze haben sich jeweils ein Muslim und ein
Christ abgewechselt. Doch schon nach dem Tod des muslimischen Präsidenten Yar'Adua, als dessen christlicher Stellvertreter (und Buharis Vorgänger) Goodluck Jonathan übernahm, hatte es blutige Gewaltausbrüche zwischen den beiden Religionsgruppen gegeben.

(raa)

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