Irak: Mehr als 100 Tote bei Explosion

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TOPSHOT-IRAQ-CONFLICT(c) APA/AFP/AHMAD AL-RUBAYE
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Die Entscheidungsschlacht um den Westteil Mossuls, der letzten IS-Hochburg des Landes, könnte eine Massenflucht auslösen. Laut UNO stehe das Schlimmste noch bevor.

Mossul. Bei einer gewaltigen Explosion während der Offensive gegen die IS-Terrormiliz in der nordirakischen Stadt Mossul sind mehr als hundert Zivilisten ums Leben gekommen. Ein irakischer General erklärte am Donnerstag, unter Gebäudetrümmern seien 108 Leichen geborgen worden, darunter Frauen und Kinder. Ein Aktivist mit dem Decknamen Mosul Eye berichtete von mehr als 130 Toten, der kurdische TV-Sender Rudaw sprach sogar von 230 Opfern.

Die Ursache der Explosion war zunächst unklar. Laut Mosul Eye traf ein Luftangriff auf das Viertel al-Jadida in West-Mossul einen mit Sprengstoff beladenen Lastwagen. Danach habe es eine doppelte Explosion gegeben. Irakische Sicherheitskräfte hätten das Gebiet ebenfalls beschossen. Der Aktivist hatte bis vor Kurzem anonym unter Lebensgefahr direkt aus Mossul berichtet, die Stadt aber vor einigen Wochen aus Sicherheitsgründen verlassen.

Der irakische General Mohammed al-Jaburi sagte hingegen, die Terrormiliz IS habe mehrere Häuser mit Sprengladungen versehen. Diese seien explodiert, als die Bewohner nach der Befreiung des Viertels in die Gebäude zurückgekehrt seien.

Mossul ist die letzte IS-Hochburg im Irak. Die Offensive auf die Stadt begann im vergangenen Oktober. Im Jänner nahmen die irakischen Sicherheitskräfte den Ostteil ein. Seit Februar läuft der Angriff auf West-Mossul, inklusive der teilweise dicht bewohnten Altstadt.

Berichten zufolge nutzt der IS Zivilisten als menschliche Schutzschilde. Allein in der Altstadt sind nach UN-Angaben rund 400.000 Menschen eingeschlossen. Ein Vertreter des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) im Irak schätzt, dass sich in dem vom IS kontrollierten Teil Mossuls noch 600.000 Menschen aufhalten.

Bruno Geddo, der UNHCR–Chef im Irak, erklärte: „Das Schlimmste steht noch bevor.“ Die knappen Lebensmittelressourcen und die wachsende Panik angesichts des Bombardements könnten zu einer Massenflucht führen. Schon jetzt würden die Menschen versuchen, unter dem Schutz des Nebels am frühen Morgen oder zu den Gebetszeiten davonzulaufen. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2017)

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