Oppositionsführer Capriles kündigt eine Protestwelle auf der Straße an.
Der Machtkampf in Venezuela steuert mit der Suspendierung von Oppositionsführer Henrique Capriles für 15 Jahre von öffentlichen Ämter auf einen neuen Höhepunkt zu. Es sei eine "Auflage zur Disqualifizierung der Ausübung eines öffentlichen Amtes für einen Zeitraum von 15 Jahren" verhängt worden, teilte die für Beamtenkontrolle zuständige Behörde am Freitag mit.
"Wer zuletzt lacht, lacht am besten", kündigte Capriles eine Protestwelle auf der Straße an. "Nicolas Maduro, sieh Dich vor!", sagte er an die Adresse des Präsidenten, den er als "Diktator" bezeichnete. Capriles ist Gouverneur des Bundesstaats Miranda und galt bisher als aussichtsreicher Kandidat bei der Wahl 2018.
Im Jahr 2013 hatte er nach dem Tod von Hugo Chavez mit 48,9 Prozent knapp gegen den Sozialisten Maduro (50,8 Prozent) verloren. Der Grund für den Entzug des passiven Wahlrechts sollen finanzielle Unregelmäßigkeiten in Capriles' Bundesstaat Miranda sein.
Capriles: "Selbstputsch" der Regierung
Capriles wurden Verbindungen zu dem in Korruptionsskandal verwickelten brasilianischen Baukonzern Odebrecht vorgeworfen - in zahlreichen Ländern sollen Politiker bei Auftragsvergaben geschmiert worden sein. Capriles streitet die Vorwürfe ab und sprach von einem "Selbstputsch" der Regierung, um die Opposition weiter zu schwächen.
"Ich werde weiter Euer Gouverneur sein, ich bin hier mit den Stimmen des Volkes gelandet und nur das Volk entscheidet", sagte Capriles. "Der einzige, der sich in diesem Land disqualifiziert hat, ist Nicolas Maduro", kritisierte der Oppositionsführer. "Wenn die Diktatur kreischt, ist das ein Zeichen, dass wir Fortschritte machen."
Bei der Präsidentschaftswahl 2018 müssen die seit 1999 regierenden Sozialisten mit einer verheerenden Niederlage rechnen, weshalb Beobachter die jetzige Krise als Versuch sehen, die Macht zu zementieren. "Die es verdienen, bekommen kein Verbot politischer Beteiligung: Tausende korrupte Funktionäre und Militärs des gescheiterten Regimes", kritisierte Ex-Parlamentspräsident Henry Ramos auf Twitter.
In Leopoldo Lopez sitzt ein anderer Kopf der Opposition eine fast 14-jährige Haftstrafe ab, die nach einem Treffen von US-Präsident Donald Trump mit Lopez' Ehefrau Lilian Tintori am nächsten Tag vom Obersten Gerichthof im Februar bestätigt wurde. Trump hatte die Freilassung gefordert. Lopez wurde verurteilt, weil bei regierungskritischen Demonstrationen, zu denen López aufgerufen hatte, 2014 über 40 Menschen gestorben waren.
Für Samstag sind erneut Massenproteste der Opposition in Caracas geplant. Die Stimmung ist enorm angespannt nach turbulenten Tagen: Zunächst hatte der von den Sozialisten kontrollierte Oberste Gerichtshof dem Parlament seine Rechte entzogen, dann aber nach einer Aufforderung Maduros, das Urteil zu überprüfen, die Entmachtung wieder zurückgenommen. Maduro regiert ohnehin seit Monaten mit Dekreten weitgehend am Parlament vorbei, das Parlament forderte die Entlassung der Verfassungsrichter.
Die Opposition sieht das Land auf dem Weg in die Diktatur, bei der jüngsten Demonstration wurde auch Capriles mit Tränengas attackiert. Demonstranten warfen wiederum Steine auf Polizisten. Es kam zu heftigen Straßenschlachten mit vielen Verletzten.
Das ölreichste Land der Welt steht vor dem Bankrott und muss fast monatlich mehrere Milliarden Euro an Auslandskrediten bedienen. Deshalb können kaum noch Lebensmittel und Medikamente importiert werden. Zudem leiden die Menschen an der hohen Inflation.
(APA)