Im Skandal um den Petrobras-Konzern ermittelt die brasilianische Staatsanwaltschaft gegen die politische Elite des Landes – gegen Minister, gegen Konservative wie Kommunisten.
Buenos Aires/Brasilia. Als vor etwa einem Jahr die Führung des brasilianischen Bauriesen Odebrecht verkündete, künftig ohne Vorbehalte mit den Justizbehörden zusammenzuarbeiten, war klar: Der Hauptstadt droht ein politisches Beben. Nach einer Serie von Vorboten kam nun zu Beginn der Karwoche ein wahrhaft heftiger Stoß: Edson Fachin, der am obersten Bundesgericht zuständige Berichterstatter für die Mega-Causa Petrobras, leitete Ermittlungsverfahren gegen 98 Politiker ein. Damit kommt er in weiten Zügen dem Antrag des Generalstaatsanwaltes Rodrigo Janot entgegen, der das Verhalten von 108 Personen ausgeforscht haben wollte. Nach brasilianischem Recht darf allein die oberste Gerichtsbarkeit des Landes gegen Parlamentarier und Regierungsmitglieder ermitteln.
Immunität für Präsidenten
Auf Richter Fachins Liste erscheinen acht Minister, drei Gouverneure, 24 Senatoren und 39 Abgeordnete, darunter die Präsidenten beider Parlamentskammern sowie die Chefs der Großparteien PMDB und PSDB, die das Rückgrat der Regierungskoalition bilden. Nicht ermittelt wird gegen den Präsidenten Michel Temer. Aber das liegt keineswegs daran, dass gegen ihn nichts vorläge. Tatsächlich haben mehrere hohe Odebrecht-Manager, darunter der frühere Firmenchef Marcelo Odebrecht, ausgesagt, Temer habe für den Wahlkampf 2014 drei Millionen Euro erbeten und erhalten. Weil sich diese Vorgänge jedoch vor seiner Amtszeit abspielten, genießt Temer Schutz durch die Verfassung. Diese erlaubt Strafermittlungen gegen Staatsoberhäupter nur, wenn der Vorfall im Regierungszeitraum liegt.