Das Ja-Lager wirbt damit, dass eine Verfassungsreform Stabilität und ein Ende der ewigen Koalitionsstreitigkeiten bringe.
Die Ja-Maschinerie ist gut geölt. In den türkischen Städten waren sie überall zu sehen, die riesigen Plakate mit den Konterfeis des Premiers Binali Yıldırım und des Präsidenten, Recep Tayyip Erdoğan. Die regierende AKP wirbt für ein Ja beim Referendum für die Verfassungsänderung am 16. April. Dass Erdoğan in der neuen Präsidialrepublik weitreichende Vollmachten erhalten würde, hat sich mittlerweile schon herumgesprochen. Doch wie genau erklärt das Ja-Lager seinen Standpunkt?
Das Hauptargument der AKP ist, dass im neuen System das Amt des Premiers wegfällt, und somit auch die ewigen Koalitionsstreitigkeiten, die Krisen bei der Regierungsbildung, die kurzlebigen Amtsperioden. Seit der Republikgründung 1923 hatte die Türkei 65 Regierungen, die im Durchschnitt 17 Monate an der Macht waren, wie in den Ja-Flyern zu lesen ist. Und: „Wäre die Türkei von Beginn an eine Präsidialrepublik, hätten wir bisher nur 19 Regierungen gehabt.“ Das neue System werde folglich Stabilität bringen, resümiert die AKP, die, wohlgemerkt, seit ihrem Einzug ins Parlament 2002 mit absoluter Mehrheit regiert.
Stärke ist ein gewichtiges Argument des Ja-Lagers, das gilt auch für den regierenden Präsidenten. Er oder sie habe mehr Legitimität, da die Person direkt vom Volk für fünf Jahre gewählt wird. Das Land brauche einen starken Führer, der auch auf dem internationalen Parkett die Rolle und Bedeutung der Türkei hervorhebt und intern mit der Terrorgefahr aufräumt. Wohl als Antwort auf die oppositionelle Kritik, dass mit dem neuen System das Parlament ein unbedeutendes Überbleibsel wird, hebt die AKP dessen Rolle hervor. Die Zahl der Abgeordneten werde von 550 auf 600 erhöht. Die Kontrollinstanzen zwischen Regierung und Parlament werde verstärkt. Auf schriftliche Anfragen der Abgeordneten müsse die Regierung innerhalb von 15 Tagen Stellung nehmen.
Weniger Bürokratie, mehr Effizienz, die komplette Bereinigung des Staates von der Bewegung des AKP-Widersachers und Predigers Fethullah Gülen, der ökonomische Aufstieg in die Welt-Top-Ten, die Schaffung von Arbeitsplätzen – für all das stehe die starke Präsidialrepublik. Das Motto des Ja-Lagers lautet: „Immer das Volk“. Positiv wird auch ausgelegt, dass der Präsident seine Stellvertreter und Berater im Alleingang benennen und absetzen kann – es fällt in die Kategorie: Weniger Streit, mehr Regierungseffizienz.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.04.2017)