Berlin will prüfen, wie sich der terrorverdächtige Soldat als Asylwerber ausgeben konnte. Er behauptet, die in Schwechat versteckte Waffe in einem Gebüsch gefunden zu haben.
Der Fall des unter Terrorverdacht festgenommenen deutschen Soldaten bleibt rätselhaft: Wie sich der 28 Jahre alte Deutsche ohne Arabisch-Kenntnisse im Asylverfahren glaubhaft als Syrer ausgeben konnte, war auch am Freitag noch unklar. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt und die Regierung in Gießen, wo sich der Soldat als Flüchtling registriert hatte, äußerten sich zunächst nicht zu diesen Fragen. Franco A. selbst schweigt zu den Vorwürfen.
Experten staunen über den Fall des Soldaten. Er sei rätselhaft, sagte der Wiesbadener Kriminalpsychologe Rudolf Egg der Deutschen Presse-Agentur. Der Oberleutnant habe mit dem Asylverfahren ja einen "Riesenaufwand betrieben". "Und das ist ja auch riskant", sagte Egg. "Das bleibt eigenartig."
Der Beschuldigte hatte sich nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft am 30. Dezember 2015 gegenüber der Hessischen Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Gießen unter Aliaspersonalien als syrischer Flüchtling ausgegeben. Den Asylantrag stellte er Anfang Jänner 2016 in der Erstaufnahmeeinrichtung im bayerischen Zirndorf.
Der in Frankreich stationierte Soldat sitzt in Frankfurt in Untersuchungshaft. Er soll als Flüchtling getarnt eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet haben. Die Ermittler gehen von einem fremdenfeindlichen Motiv aus. Auch ein 24-jähriger mutmaßlicher Komplize sitzt in U-Haft. Beide Männer stammen aus Offenbach.
Berlin: Behörden waren nicht überlastet
Die deutsche Regierung kündigte an, den Fall zu prüfen. "Innenministerium und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) werden jetzt jeden Stein umdrehen, um zu wissen, wie es dazu kommen konnte", kündigte ein Ministeriumssprecher am Freitag in Berlin an. Wenn Mängel gefunden würden, würden sie abgestellt.
Die Anerkennung des Offiziers im November 2016 sei nicht in der Zeit der großen Flüchtlingswelle mit einer Überlastung der Behörden gewesen. "Es scheinen etablierte und zwingende Sicherheitsvorkehrungen, die allen Beteiligten bekannt sein müssen, nicht befolgt worden zu sein."
Der Fall zeige erneut, dass es ein Missbrauchspotenzial beim Asylrecht gebe, sagte der Ministeriumssprecher. Die Regierung habe die Asylverfahren daher mit mehreren rechtlichen Änderungen sicherer gemacht. Dieser Fall deute auch nicht auf strukturelle Fehler hin. Forderungen des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann nach einer Überprüfung aller Asylbescheide lehnte das Ministerium ab. "Eine anlasslose Überprüfung aller Asylbescheide hat nach geltendem Recht keine Grundlage", sagte der Sprecher
Herrmann lobt "sehr präzise" Arbeit
Herrmann bedankte sich wegen der Enttarnung des Offiziers bei der österreichischen Polizei für ihre "sehr erfolgreiche Arbeit". Beamte hatten den 28-Jährigen vor etwa drei Monaten auf dem Wiener Flughafen vorläufig festgenommen, als er eine Schusswaffe aus einem Versteck holen wollte.
Die Arbeit der österreichischen Sicherheitsbehörden sei "sehr präzise" gewesen, sagte Herrmann am Freitag in München. Sie habe dazu geführt, dass das Doppelleben des Oberleutnants aufgedeckt werden konnte. Die in Wien abgenommenen Fingerabdrücke habe man in einem deutschen Flüchtlingsregister wieder gefunden.
Der Verdächtige habe gegenüber der Polizei am Flughafen Wien behauptet, die Pistole beim Offiziersball in Wien in einem Gebüsch gefunden und sie dann am Flughafen versteckt zu haben, berichtete Ö1 am Freitag.
Keine Untersuchungshaft trotz Fingerabdruck-Datenbank
Er habe die Waffe eigentlich abgeben wollen, soll der 28-Jährige behauptet haben, aber er habe darauf vergessen und die Pistole deshalb in einem Schacht in einer Toilette am Flughafen versteckt. Am Abend des 3. Februar sei er beim Abholen festgenommen worden. Der 3. Februar war der Tag des Akademikerballs - allerdings gibt es laut den österreichischen Behörden keinerlei Hinweise, dass der deutsche Offizier auch diesen Ball besuchen wollte.
Der Polizei am Flughafen müsste durch eine Fingerabdruck-Kontrolle im europäischen Datensystem AFIS klar gewesen sein, dass der Soldat in Deutschland einen Asylantrag gestellt hatte, berichtete Ö1 weiter. Trotzdem hatte die Staatsanwaltschaft Korneuburg im Februar keine Untersuchungshaft verhängt.
(APA/dpa)