Der Flugkörper brach nach dem Start auseinander. Die Gemeinschaft Asiatischer Länder ist erzürnt über die Provokationen Pjöngjangs.
Seoul/Pjöngjang. Der Samstag markierte den 100. Tag der Präsidentschaft Donald Trumps – und an diesem Tag hat Nordkorea erneut eine Rakete getestet, die nach dem Start allerdings auseinandergebrochen ist. Erst Mitte April misslang Pjöngjang ein Raketentest, den die diktatorische Führung zum 105. Geburtstag des Staatsgründers Kim Il-sung durchführen wollte. Der neueste Versuch ist somit der vierte gescheiterte Test seit März. Nur kurz vor dem jüngsten Raketentest hatte US-Außenminister Rex Tillerson im Rahmen einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats gewarnt, dass weitere Provokationen seitens Nordkorea „katastrophale Konsequenzen“ nach sich ziehen könnten.
Die Töne zwischen Washington und Pjöngjang werden immer rauer, aber auch asiatische Staaten zeigen sich erzürnt gegenüber Nordkorea. Bei dem Gipfel zum 50-jährigen Bestehen der Gemeinschaft Südostasiatischer Staaten (Asean) auf den Philippinen gaben die Teilnehmer an, an einer Erklärung zu feilen: Demnach wollen sie Nordkorea auffordern, sich an die UN-Resolutionen zu halten. Japans Premier Shinzo Abe sagte zudem, dass die nordkoreanischen Raketen Japan außerordentlich gefährden könnten. Während Pjöngjang den Test am Samstag durchführte, blieb in Tokio kurzzeitig der öffentliche Verkehr stehen – bis die Behörden sicher waren, dass sich die Millionenstadt außer Gefahr befand. In Südkorea finden am 9. Mai Präsidentschaftswahlen statt, auch hier erwarten Beobachter nordkoreanische Provokationen.
Kein Deal
Bei dem Konflikt mit Nordkorea kommt China, das als Schutzmacht der Diktatur gilt, eine Schlüsselrolle zu. Der chinesische Außenminister Wang Yi hofft auf eine diplomatische Lösung und forderte alle Beteiligten auf, sich ruhig zu verhalten und auf rhetorische Provokationen zu verzichten. Ein Treffen zwischen Yi und Tillerson am Samstag sei „freundlich“ verlaufen, hieß es. Die USA sind aber weiterhin gegen den Vorschlag, den Peking eingebracht hat: Washington solle auf Militärmanöver mit Südkorea verzichten, dann verzichte Pjöngjang auch auf seine Nuklear- und Waffenprogramme.
Nordkoreanische Raketentests unter Trump
28. Jänner: Experten berichten, Nordkorea habe den umstrittenen Atomreaktor in Yongbyon wieder in Betrieb genommen.
12. Februar: Pjöngjang testet eine ballistische Mittel-Langstreckenrakete. Bei Tausenden Kilometern Reichweite könnte sie einen Atomsprengkopf transportieren. Zur gleichen Zeit besucht der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe Trump in Washington.
1. März: Die USA und Südkorea beginnen ihre jährlichen gemeinsamen Frühjahrsübungen, die bis zum 30. April dauern sollen.
6. März: Nordkorea feuert vier ballistische Raketen ab - drei davon seien erst in der 200-Seemeilen-Zone vor Japan ins Meer gestürzt, heißt es aus Tokio. Nach Angaben nordkoreanischer Staatsmedien richtet sich die Übung gegen US-Stützpunkte in Japan.
7. März: Die US-Streitkräfte teilen mit, dass mit der umstrittenen Stationierung eines neuen Raketenabwehrsystems in Südkorea begonnen worden sei. Die ersten Elemente des Systems seien eingetroffen.
16. bis 19. März: Auf seiner Reise nach Japan, Südkorea und China erklärt US-Außenminister Rex Tillerson die bisherige "Politik der strategischen Geduld" gegenüber Pjöngjang als gescheitert. Zwar sagt er, das Land müsse sich vor den USA "nicht fürchten", schließt aber ein militärisches Vorgehen prinzipiell nicht aus. Die USA wollten in dem Konflikt enger mit China zusammenarbeiten.
18. März: Nordkorea vermeldet Fortschritte in seinem umstrittenen Programm für Trägerraketen zum Transport von Satelliten in den Weltraum. Die Entwicklung ist aus der Sicht der Weltgemeinschaft eine Tarnung für den Antrieb von Interkontinentalraketen.
22. März: Das südkoreanische Verteidigungsministerium teilt mit, dass dem nördlichen Nachbarn offensichtlich ein neuerlicher Raketentest misslungen sei. Nach Angaben von US-Medien scheint die Rakete "innerhalb von Sekunden nach dem Start explodiert zu sein".
2. April: Trump kündigt in einem Interview der "Financial Times" an, Nordkoreas Atomwaffenprogramm notfalls im Alleingang zu stoppen.
5. April: Nordkorea feuert von der Ostküste eine ballistische Rakete in Richtung offenes Meer. Nach Angaben des US-Pazifikkommandos handelt es sich vermutlich um den Mittelstrecken-Typ KN-15.
6./7. April: Beim Besuch des chinesischen Staatschefs Xi Jinping in den USA erklären beide Seiten, dass das nordkoreanische Atomprogramm ein "ernstes Stadium" erreicht habe.
8. April: Die USA entsenden den Flugzeugträger "USS Carl Vinson" mit seinen Begleitschiffen in Richtung der koreanischen Halbinsel.
10. April: China und Südkorea kündigen bei weiteren Raketen- und Atomtests Nordkoreas neue Sanktionen an. Gleichzeitig droht Pjöngjang den USA wegen der Entsendung von Kriegsschiffen mit "härtesten Gegenmaßnahmen". Die Volksrepublik sei für jede Art von Krieg bereit.
11. April: Trump fordert China auf, seinen Einfluss auf Nordkorea geltend zu machen. "Andernfalls lösen wir das Problem ohne sie."
12. April: Trump lobt China dafür, Schiffe mit Kohlelieferungen aus Nordkorea zurückgeschickt zu haben. Dies sei ein "großer Schritt".
29. April: Nordkorea startet nach Angaben Südkoreas und der USA erneut eine Rakete, die jedoch kurz nach dem Start auseinanderbricht.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.4.2017)