Le Pen gibt zu, Fillon-Rede teilweise übernommen zu haben

Marine Le Pen am Dienstagabend im Fernsehsender TF1.
Marine Le Pen am Dienstagabend im Fernsehsender TF1.(c) AFP (CHARLES PLATIAU)
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"Wir haben mit den Wählern von Francois Fillon teilweise die gleiche Vision von der Rolle, die das Land in der Welt spielen soll", sagt Marine Le Pen. Sie habe "mit einem Augenzwinkern" auf Fillons Äußerungen angespielt.

Kurz vor der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl in Frankreich hat die Rechtspopulistin Marine Le Pen eingeräumt, weite Teile einer Rede des ausgeschiedenen konservativen Kandidaten Francois Fillon übernommen zu haben. Sie übernehme dafür "vollkommen die Verantwortung", sagte die 48-Jährige am Dienstagabend im Fernsehsender TF1.

Wie bereits zuvor der Generalsekretär von Le Pens Partei Front National, Nicolas Bay, betonte später auch Le Pen selbst, sie habe "mit einem Augenzwinkern" auf Fillons Äußerungen angespielt. "Es ist wahr, wir haben mit den Wählern von Francois Fillon teilweise die gleiche Vision von Frankreich, von seiner Größe, von der Rolle, die das Land in der Welt spielen soll", sagte Le Pen. Mitarbeiter Le Pens sagten zu Plagiatsvorwürfen, es handle sich nicht um den Diebstahl geistigen Eigentums, sondern um "eine kleine Anleihe".

"Groteske Plünderung der Rede"

In der Rede, die Le Pen am Maifeiertag bei einem Wahlkampfauftritt nördlich von Paris hielt, finden sich mindestens vier nahezu wortgleiche Passagen aus einer Ansprache Fillons vom 15. April. Darin ging es um Frankreichs große Bedeutung hinsichtlich seiner Geografie und seiner Sprache.

Allerdings passte Le Pen die Rede für ihre Zwecke an: Während Fillon von einem möglichen Sonderweg Frankreichs in Abgrenzung zu Nationalsozialismus und Stalinismus gesprochen hatte, bezeichnete Le Pen diesen als Alternative zur Globalisierung und zur "islamistischen Ideologie".

Fillons früherer Sprecher Damien Abad kritisierte das Vorgehen der Rechtspopulistin scharf: Die "groteske Plünderung" der Rede zeige, "dass die Front National kein Rückgrat hat". Die rund 20 Prozent der Wähler, die in der ersten Runde vor gut einer Woche für Fillon gestimmt hätten, ließen sich nicht für dumm verkaufen.

Le Pen holt auf

Le Pen bemüht sich offensiv um Wähler aus dem konservativen wie linken Lager, um ihren Abstand zum Favoriten Macron zu verkleinern. Offenbar mit gewissem Erfolg: Laut zwei neuen Umfragen liegt Macron zwar immer noch in der Wählergunst vorne, sein Vorsprung schmilzt aber.

Eine Befragung des Instituts Kanter Sofres-OnePoint sieht ihn nur noch mit 59 Prozent vor Le Pen, die nun auf 41 Prozent kommt. Eine Umfrage von Ipsos Sopra Steria sieht Macron mit 60 Prozent vorne. In beiden Studien hat Macron jeweils zwei Prozentpunkte verloren.

Die Anhänger des französischen Linkpartei-Gründers Jean-Luc Melenchon verweigerten Macron bei einer Online-Abstimmung von Melenchons Bewegung "La France insoumise" (Das unbeugsame Frankreich) am Dienstag mehrheitlich die Unterstützung. Nur knapp 35 Prozent sprachen sich dafür aus, für den sozialliberalen Reformpolitiker zu stimmen. 65 Prozent gaben an, nicht zur Wahl zu gehen oder einen leeren Stimmzettel abzugeben.

Unternehmer warnen vor Le Pen

Vor dem TV-Duell sagten indes weitere Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft Macron ihre Unterstützung zu. Darunter sind der frühere griechische Finanzminister Giannis Varoufakis und der deutsche Airbus-Chef Tom Enders. Varoufakis betonte, Macron sei in seiner Zeit als Wirtschaftsminister bis zum Sommer des vergangenen Jahres der "einzige Minister in Europa" gewesen, der alles getan habe, um Griechenland in der Schuldenkrise zu helfen.

Mehrere französische Unternehmenschefs warnten zudem eindringlich vor Le Pen. Ihr Plan zum Ausstieg aus dem Euro würde eine "wirtschaftliche Katastrophe für die französischen Unternehmen und Bürger" bedeuten, sagte der Chef des Wasser- und Energiekonzerns Veolia, Antoine Frerot, der Zeitung "Les Echos".

Ähnlich äußerten sich zehn weitere Chefs namhafter Unternehmen, vom Reifenhersteller Michelin bis zum Telekommunikationskonzern Bouygues. Am Dienstagabend war in Paris zudem eine Kundgebung von Künstlern gegen die Front National geplant.

(APA/AFP)

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