Todesstrafe: Wien verbietet Referendum

Außenminister Sebastian Kurz
Außenminister Sebastian Kurz(c) Clemens Fabry
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Die österreichische Regierung will die Teilnahme an der Abstimmung nicht zulassen. Rechtlich sei das gedeckt.

Wien. Wieder war es Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP), der am Freitag vorgeprescht ist. Im Falle eines Referendums über die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei werde Österreich die Abhaltung auf seinem Staatsgebiet nicht zulassen, erklärte er der APA. Kurz: „Rechtlich möglich ist das durch das Völkerrecht, das einem Staat die Möglichkeit gibt, aufgrund seiner territorialen Souveränität die Durchführung eines ausländischen Referendums auf seinem Staatsgebiet zu untersagen.“ Eine Einführung der Todesstrafe wäre jedenfalls ein berechtigter Grund für einen solchen Schritt.

Der Völkerrechtler Peter Hilpold von der Uni Innsbruck dazu: „Die Durchführung eines Referendums, das potenziell die Todesstrafe – auch in einem Drittstaat – wieder einführt, kann als Verstoß gegen den ordre public des Empfangsstaats angesehen werden und ist deshalb von diesem zu unterbinden.“

Auch Bundeskanzler Christian Kern äußerte ein klares Nein zu einer Beteiligung der Auslandstürken in Österreich, sollte in der Türkei ein Referendum über die Todesstrafe abgehalten werden. Dieses Nein sei Regierungslinie: „Ein solches Referendum kann auf österreichischem Boden nicht stattfinden. Denn dies wäre gegen alle unsere Überzeugungen, gegen unsere Werte.“ In ganz Europa müsse bei Abhaltung von Urnengängen jeder Staat im Ausland anfragen. Sollte die Türkei bei Österreich wegen eines Referendums über die Todesstrafe anfragen, werde es ein offizielles Veto dagegen geben. In Österreich lebende Türken könnten freilich in die Türkei zur Abstimmung fahren. Die Verteilung von Propagandamaterial für die Todesstrafe oder Auftritte wahlwerbender Politiker könnten im Gegensatz dazu nur schwer verhindert werden, räumte der Bundeskanzler ein.

Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk bezweifelt, inwiefern auch ein Verbot durchsetzbar sei: Er bezog sich auf die Tatsache, dass die Abstimmung in türkischen Konsulaten bzw. in der Botschaft stattfinden würde, die österreichische Polizei hat dort keinen Zutritt. „Für ein Verbot besteht keine Durchsetzungsmöglichkeit. Es bleibt bei einem sicher notwendigen Akt des Protests“, so Funk am Freitag in der ZiB.

Neos überrascht über Kurz-Ankündigung

Überrascht reagierte der stellvertretende Neos-Klubobmann Niki Scherak auf die Ankündigung von Kurz. Seine Partei hätte bereits in der letzten Nationalratssitzung einen entsprechenden Antrag eingebracht. SPÖ und ÖVP hätten aber abgelehnt, so Scherak.

Die deutsche Regierung würde ebenfalls im eigenen Land ein von Ankara veranlasstes Referendum über die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei untersagen. „Es ist politisch nicht vorstellbar, dass wir einer solchen Abstimmung in Deutschland über eine Maßnahme, die unserem Grundgesetz und europäischen Werten klar widerspricht, zustimmen würden“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag.

Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, hatte die Todesstrafe als Regierungschef 2004 abschaffen lassen. Nach dem Putschversuch im Sommer 2015 brachte er mehrfach ihre Wiedereinführung ins Spiel und regte ein Referendum an. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.05.2017)

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