China: Schwieriger Start für Seidenstraße

Projekt Seidenstraße neu: Nicht weniger als 29 Staats- und Regierungschefs folgten der Einladung Xi Jinpings nach Peking.
Projekt Seidenstraße neu: Nicht weniger als 29 Staats- und Regierungschefs folgten der Einladung Xi Jinpings nach Peking.(c) imago/Xinhua (Pang Xinglei)
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Der Gipfel zum Pekinger Mammutprojekt begann gleich mit einem Eklat. Präsident Xi Jinping will Milliarden in die Wiederbelebung der antiken Route investieren.

Peking/Pjöngjang. Kim Jong-un hat Peking wieder einmal in Verlegenheit gebracht. Der nordkoreanische Diktator und polternder Schützling Chinas ließ am Sonntagmorgen einen neuerlichen Raketentest durchführen, trotz UN-Sanktionen, trotz Säbelrasseln mit den USA. Der Flugkörper stürzte zwischen Südkorea und Japan ins Meer, entgegen ersten Meldungen stellte die Rakete keine Gefahr für Russland dar, wie das Moskauer Verteidigungsministerium bekannt gab. Die Pjöngjanger Provokation platzte gewissermaßen in die Eröffnung der Seidenstraßen-Initiative in Peking herein, wo Präsident Xi Jinping 29 Staats- und Regierungschefs um sich scharte, Dutzende Minister und Regierungsvertreter, UN-Generalsekretär António Guterres, Gesandte des Internationalen Währungsfonds sowie der Weltbank.

Aber Nordkorea war nicht der einzige Grund, warum Chinas Mammutprojekt einen holprigen Start hinlegte. Eigentlich sollte der zweitägige Seidenstraßen-Gipfel mit einer gemeinsamen Erklärung zu Handelsfragen ein Ende finden; aber am Sonntag verkündeten die europäischen Teilnehmer, eine derartige Deklaration nicht unterschreiben zu wollen. Peking sei nämlich viel zu wenig auf die Vorschläge der Europäer eingegangen, beispielsweise in Transparenz- und Umweltfragen. Insbesondere die deutsche Wirtschaftsministerin, Brigitte Zypries, wollte Garantien, dass die künftige wirtschaftliche Zusammenarbeit auf fairem Wettbewerb basiere. Die Seidenstraßen-Initiative – so viel Interesse und Aufmerksamkeit sie auch erhält – ruft bei den Europäern Skepsis hervor. Denn Pekings Vorstoß kann auch so ausgelegt werden: China will seinen globalen Einfluss ausbauen. Xi Jinping hingegen betonte am Sonntag, dass die Seidenstraßen-Initiative „für alle offen“ sei, auch jenen Regionen, die nicht an der historischen Route lägen.

Japan untersucht Pjöngjangs Rakete

Peking arbeitet bereits seit 2013 am „One Belt, One Road“-Projekt, wie die Seidenstraßen-Initiative offiziell heißt. China stellt für die wirtschaftliche Zusammenarbeit der teilnehmenden Länder und für gemeinsame Infrastrukturprojekte 124 Milliarden Dollar in Aussicht. Entlang den antiken Handelswegen sollen etwa Häfen und Bahnstrecken wiederbelebt werden. In seiner Rede plädierte Xi Jinping dafür, historisch gewachsene und diplomatische Rivalitäten zu überwinden und den Weg für den neuen Freihandel zu öffnen. Es sei ein „Jahrhundertprojekt“.

Starker Befürworter der Initiative ist etwa der russische Präsident Wladimir Putin, der ebenfalls in Peking zugegen ist: „Wir brauchen frische Ideen.“ Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, und sein kasachischer Amtskollege, Nursultan Nasarbajew, zeigten sich ebenfalls angetan, Guterres sprach von „großem Potenzial“, und der pakistanische Premier Nawaz Sharif sieht in dem Gipfel sogar eine „geo-ökonomische Revolution“. Angesichts der offenen Handelsfragen mit der EU dank Brexit ist Großbritannien dem Projekt gegenüber sehr aufgeschlossen. Man sei „natürlicher Partner“ der neuen Seidenstraße, sagte Finanzminister Philip Hammond in Peking.

Xi Jinping betonte in seiner Ansprache auch die Unterschiede zu den USA, was Kooperationen und Freihandel betreffe: Man habe einen inkludierenden Zugang gewählt und wolle eine „harmonische Koexistenz“. Nicht nur US-amerikanische Medien sehen den Gipfel als weiteren Schritt Pekings, sich anstelle der USA als globale Führungsmacht positionieren zu wollen. Washington ist mit einer Delegation auch in Peking vertreten.

Trotz der Appelle Xi Jinpings, diplomatische Rivalitäten endlich zu beenden, war er selbst nicht ganz erfolgreich damit. Indien schickte keine Vertreter, da Pakistan anwesend war – und weil China in die Konfliktregion Kaschmir investiert. Die USA protestierten gegen die Teilnahme einer nordkoreanischen Delegation.

Nach dem jüngsten Test hat Washington zudem gedroht, die Sanktionen verschärfen zu wollen. Japan hat Untersuchungen über den Typ der am Sonntag getesteten Rakete angekündigt. Es war Pjöngjangs siebenter Test in diesem Jahr. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2017)

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