Der Präsident im Visier des Sonderermittlers

Robert Mueller gilt als unbestechlich. Als FBI-Chef amtierte er unter George W. Bush und Barack Obama.
Robert Mueller gilt als unbestechlich. Als FBI-Chef amtierte er unter George W. Bush und Barack Obama.(c) REUTERS (Molly Riley)
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Das Justizministerium hat den Ex-FBI-Chef Robert Mueller als Sonderermittler für die Untersuchung der Russland-Connection des Trump-Teams eingesetzt. Donald Trump schimpft über die größte „Hexenjagd“ gegen einen US-Politiker.

Washington. Die Vereinigten Staaten ermitteln gegen den eigenen Präsidenten: Der frühere FBI-Chef Robert Mueller soll als Sonderermittler Licht in die undurchsichtigen Verbindungen zwischen Donald Trumps Wahlkampfteam und Russland bringen. Die Ernennung des 72-Jährigen wird von Gegnern und Anhängern des umstrittenen Präsidenten begrüßt. Dem Juristen Mueller wird zugetraut, ohne Rücksicht auf Trump oder andere mächtige Akteure in Washington die Wahrheit herauszufinden. Der neue „Sheriff“ von Washington könnte so am Ende über das Schicksal von Trumps Präsidentschaft entscheiden. Trump ist offenbar nervös: Er kritisierte Muellers Ernennung als „Hexenjagd“.

Erst zum zweiten Mal seit Einrichtung des Amts des Sonderermittlers 1999 berief das US-Justizministerium einen solchen Spezialschnüffler mit weitreichenden Vollmachten. Ernannt wurde Mueller von Rod Rosenstein, dem Vize-Justizminister; Ressortchef Jeff Sessions hält sich wegen eigener, zunächst verschwiegener Kontakte zum russischen Botschafter in Washington aus den Russland-Ermittlungen heraus.

Keine Vorwarnung für Trump

Als Sonderermittler soll Mueller „alle Verbindungen oder Abstimmungen zwischen der russischen Regierung und Personen, die mit dem Wahlkampf von Präsident Donald Trump in Verbindung stehen“, untersuchen und notfalls Strafantrag gegen Verdächtige stellen. Trump steht damit auch selbst im Visier des Sonderermittlers. Er sei das Opfer der „größten Hexenjagd gegen einen Politiker in der amerikanischen Geschichte“, twitterte Trump. Aus Sicht der Gegner ist dessen Reaktion ein weiterer Hinweis darauf, dass er etwas zu verbergen hat.

Der Präsident machte im Wahlkampf immer wieder mit einer betont russlandfreundlichen Haltung von sich reden und forderte Moskau im vergangenen Sommer sogar öffentlich auf, E-Mails seiner Rivalin, Hillary Clinton, ausfindig zu machen. Hacker mit Verbindungen zur russischen Regierung hatten damals tatsächlich die Mails von Clintons Wahlkampfteam angezapft. Das FBI und die US-Geheimdienste halten es für erwiesen, dass Russland zugunsten von Trump in den Wahlkampf eingegriffen hat.

Mueller soll nun herausfinden, ob Mitarbeiter Trumps den Russen dabei halfen. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete, das Wahlkampfteam Trumps habe in mindestens 18 Telefonaten und E-Mails Kontakt mit russischen Regierungsvertretern gehabt. Rosenstein informierte seine Vorgesetzten Sessions und Trump erst nach Muellers Ernennung – möglicherweise, um ein Veto aus dem Weißen Haus zu vermeiden. Trump hatte sich immer mehr in die Bredouille gebracht. Er feuerte FBI-Chef James Comey, den Nachfolger von Mueller als Chef der Bundespolizei, und deutete an, dies wegen der Russland-Ermittlungen getan zu haben.

Immer Ärger mit Flynn

Laut Medienberichten drängte Trump im Februar den damaligen FBI-Chef Comey zudem, Ermittlungen gegen seinen Exberater Michael Flynn einzustellen. Sollte sich dies bestätigen, müsste sich Trump dem Vorwurf der Strafvereitelung im Amt stellen. Manche Politiker in Washington sprechen von einem möglichen Amtsenthebungsverfahren.

Flynn bereitet dem Präsidenten weiter Ärger. US-Medien berichteten, als Sicherheitsberater habe Flynn Anfang des Jahres einen Plan für einen Angriff auf den Islamischen Staat (IS) gestoppt, der von der Türkei abgelehnt wurde. Später habe sich herausgestellt, dass Flynn als Lobbyist für Ankara rund eine halbe Million Dollar erhalten habe.

Trump ist durch die Skandalserie schwer angeschlagen. In der eigenen Partei macht sich Unmut breit, weil Republikaner im Kongress negative Folgen bei den Kongresswahlen im kommenden Jahr befürchten. Mitch McConnell, Fraktionschef der Republikaner im Senat, sagte, er wünsche sich „weniger Drama aus dem Weißen Haus“. Das Magazin „Politico“ meldete, in einigen Kreisen der Republikaner werde bereits über eine Amtsübernahme des konservativen Vizepräsidenten, Mike Pence, nach einem möglichen Ausscheiden von Trump spekuliert. Derlei Gerüchte grassierten schon im Wahlkampf.

Mit Spannung wird erwartet, ob der Präsident versuchen wird, Druck auf Ermittler Mueller auszuüben; viel Aussicht auf Erfolg hätte dies nicht, denn der Ex-Polizeichef gilt als unbestechlich. In seinen zwölf Amtsjahren als FBI-Chef arbeitete Mueller unter dem republikanischen Präsidenten George W. Bush und dem Demokraten Barack Obama. Potenziell bedenklich für Trump ist auch die Tatsache, dass Mueller und Comey frühere Kollegen sind, die sich gut kennen.

Muellers Ernennung sei „eine schlechte Nachricht für Trump und eine gute für Leute, die robuste Ermittlungen wollen“, sagte der Rechtsexperte Jens David Ohlen auf CNN.

ZUR PERSON

Robert Mueller. Der ehemalige FBI-Chef ist vom Justizministerium überraschend zum Sonderermittler in der Russland-Affäre ernannt worden. In dieser Rolle wird der 72-Jährige über das Schicksal Donald Trumps entscheiden. Mueller gilt als durchsetzungsfähiger und furchtloser Jurist und genießt parteiübergreifend eine exzellente Reputation. Von 2001 bis 2013 diente er erst George W. Bush und danach Barack Obama als FBI-Chef. Seine Ernennung wurde nicht nur von den Demokraten, sondern auch den Republikanern begrüßt. Die dubiosen Umstände des Rauswurfs von FBI-Direktor James Comey hatten zuletzt vor allem die Opposition auf den Plan gerufen, die die Einsetzung eines Sonderermittlers forderten.

Das Amt des Sonderermittlers gibt Mueller weitgehende Autonomie und starke Vollmachten. Hinzu kommt, dass er als unabhängiger Geist gilt, der die Auseinandersetzung mit der politischen Macht nicht scheut. 2004 wehrte er sich zusammen mit seinem damaligen Vize und späteren Nachfolger James Comey gegen George W. Bush und dessen Wunsch nach einem Abhörprogramm.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2017)

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